Südkorea:Anklage gegen Park erhoben

Südkoreas abgesetzter Präsidentin wird Bestechung vorgeworfen. Beobachter erwarten, dass sie sich im Prozess als unschuldiges Opfer geben wird, um einer drohenden Haftststrafe von bis zu zehn Jahren zu entgehen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Die Staatsanwaltschaft Seoul hat Park Geun-hye, die abgesetzte südkoreanische Präsidentin, am Montag wegen Bestechung, Machtmissbrauch, Nötigung und der Weitergabe von Staatsgeheimnissen angeklagt. Park wird vorgeworfen, den Konzernen Samsung, Lotte und SK zugunsten ihrer Freundin Choi Soon-sil gut 59 Milliarden Won, umgerechnet 49 Millionen Euro, abgepresst zu haben. Insgesamt wird Park in 18 Punkten angeklagt.

Vor einer Woche feuerte Park sieben ihrer neun Anwälte

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen Park damit abgeschlossen, nun bereitet sie formelle Anklagen gegen mehrere hohe Beamte von Parks Präsidialadministration und zwei Ex-Kulturminister vor. Ebenfalls am Montag wurde Shin Dong-bin angeklagt, der Konzernchef von Lotte; Samsung-Chef Lee Jae-yong wurde bereits Ende Februar angeklagt. Parks Prozess soll bald nach der Wahl ihres Nachfolgers am 9. Mai beginnen.

Eine dritte formelle Anklage erging am Montag gegen Woo Byung-woo, der in den Jahren 2015 und 2016 der leitende Sekretär von Parks Büro war. Woo wird vorgeworfen, er habe es versäumt, Chois Einmischung in die Amtsgeschäfte Parks zu verhindern. Damit habe er seine Pflicht vernachlässigt.

Park hat in den Verhören seit ihrer Verhaftung jede Schuld abgestritten. Sie behauptet, Opfer einer Verschwörung zu sein und stiftete ihre Fans dazu an, für sie auf die Barrikaden zu gehen. Sie weigert sich auch anzuerkennen, dass ihre Absetzung nach rechtsstaatlichen Kriterien erfolgte.

Lotte-Chef Shin Dong-bin ist nach Samsungs Lee der zweite Chef eines Chaebol, wie die Koreaner ihre Familienkonzerne nennen, der sich wegen Bestechung der Präsidentin vor Gericht verantworten muss. Shin, der erst im September in einer anderen Affäre, bei der er Millionen unterschlagen haben soll, knapp einer Verhaftung entkam, soll Park-Freundin Choi fast 16 Milliarden Won, 13 Millionen Euro, zugesteckt haben, so die Anklage. Dafür ließ Park seinem Lotte-Konzern eine lukrative Duty-Free-Lizenz zuschanzen.

Offenbar hat Park selbst nach ihrer Verhaftung nicht verstanden, welches Gewicht die Anklagen gegen sie haben werden. Anders als Samsungs Lee, der von Staranwälten verteidigt wird, ließ sie sich bisher von loyalen Parteifreunden vertreten. Vor einer Woche feuerte sie sieben ihrer neun Anwälte, die hoffnungslos zerstritten waren. Park selber konsultierte nur den führenden Juristen Yoo Young-ha, den seine Kollegen im Team für inkompetent hielten. Während Yoo ihr riet, jegliche Kooperation mit den Ermittlern zu verweigern, hielten die sieben nun entlassenen eine solche für ratsam. Damit hätte Park vielleicht eine mildere Strafe erreichen können. Beobachter erwarten deshalb, Park werde nun im Prozess beteuern, von allem nichts gewusst haben, und sich als unschuldiges Opfer darstellen. Yoo soll dafür ein neues Anwälte-Team bilden. Aber die Korea Times bezweifelt, dass gute Juristen sich noch dafür hergeben, Park zu verteidigen. Die gestürzte Präsidentin muss mit einer Gefängnisstrafe von zehn Jahren rechnen.

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