Süddeutsche Zeitung

Südamerika:Militär marschiert in deutsche Kolonie in Venezuela ein

  • In Venezuela haben erneut Hunderttausende Menschen gegen Präsident Maduro protestiert.
  • Dabei kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Die deutsche Kolonie Colonia Tovar wurde deshalb unter Militärkontrolle gestellt.
  • Venezuela steht vor dem wirtschaftlichen Kollaps, es fehlen Lebensmittel und Medikamente. Die Opposition macht den Präsidenten dafür verantwortlich.

Bei Massenprotesten gegen Staatschef Nicolás Maduro ist es in Venezuela erneut zu Ausschreitungen gekommen. Allein in der Hauptstadt Caracas versammelten sich nach Angaben der Opposition mehr als 160 000 Regierungsgegner. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten wurden Dutzende verletzt. In allen 23 Bundesstaaten kam es zu Großkundgebungen.

"Wir sind Millionen gegen die Diktatur", stand auf Pappschildern der Demonstranten in Caracas zu lesen. Die Opposition macht die sozialistische Regierung für die schwere politische und wirtschaftliche Krise im Land verantwortlich. "Es sind nun 50 Protesttage", sagte die 24-jährige Mariaangel am Samstag in Caracas. "Ich bin hier mit meinen zwei Kindern, ich kann keine Milch bekommen, ich kann kein Essen bekommen."

Auch in der von deutschen Einwanderern gegründeten Stadt Colonia Tovar kam es zu heftigen Ausschreitungen. Der Ort mit seinen rund 20 000 Einwohnern wurde bis auf weiteres unter Militärkontrolle gestellt. Augenzeugen berichten, das Militär sei mit zahlreichen Lastwagen angerückt und kontrolliere die Ortseingänge. Bilder zeigten Tränengaswolken vor dem malerischen Stadttor - Colonia Tovar, Mitte des 19. Jahrhunderts von Auswanderern aus Baden gegründet, erinnert mit Fachwerkhäusern und Einkehrmöglichkeiten wie dem Café "Muhstall" an den Schwarzwald. Der bei Touristen beliebte Ort liegt eine Stunde von Caracas entfernt.

Venezuela ist extrem gespalten und praktisch gelähmt, die Opposition geht derzeit täglich auf die Straße. Das südamerikanische Land steht vor dem wirtschaftlichen Kollaps, Lebensmittel und Medikamente fehlen und die Inflation dürfte dieses Jahr nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 720 Prozent erreichen. Die Opposition fordert nicht zuletzt deshalb die Amtsenthebung Maduros. Bei den Massenprotesten seit Anfang April wurden bisher 47 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. Es gab 2200 Festnahmen.

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