Südafrika: Zum Tod von Terre'Blanche:"Unbeugsamer Siedler, Herrenmensch"

Nach dem Tod eines Rechtsextremisten fürchtet Südafrika Rassenunruhen. Manche haben Angst vor dem, was noch kommen mag. Wer war Terre'Blanche?

Arne Perras

Es beginnt mit einem Streit - und endet mit Mord. So etwas geschieht immer wieder in Südafrika, einem Land, das Mühe hat, brutale Gewaltverbrechen einzudämmen. Doch längst nicht alle Morde, erregen die Nation so sehr wie die jüngste Bluttat in der Nähe von Ventersdorp. Das Verbrechen vom Samstagabend zwingt Präsident Jacob Zuma sogar dazu, seine Bürger zur Ruhe und Besonnenheit aufzurufen. Südafrika ist geschockt. Und manche haben Angst vor dem, was noch kommen mag.

Das Opfer heißt Eugène Terre'Blanche. Dieser Name steht für alles, was das neue demokratische Südafrika gerne hinter sich lassen möchte. Der bärtige Führer einer rechtsextremen Bewegung in Südafrika ist auf seiner Farm in der Nordwest-Provinz erschlagen worden. Die Polizei hat zwei Verdächtige festgenommen, einen 21-jährigen Mann und einen 15-jährigen Jugendlichen. Die beiden Schwarzen hatten offenbar für Terre'Blanche gearbeitet und waren wegen angeblich ausstehender Lohnforderungen mit ihm in Streit geraten, wie es nach ersten Ermittlungen der Polizei hieß. Der 69-Jährige soll in seinem Bett mit einer Machete und einem Prügel ermordet worden sein.

Doch Terre'Blanches Partei zweifelt öffentlich an, dass es ums Geld ging. Mutmaßungen über ein politisches Motiv machen die Runde. Die Furcht wächst, dass sich jetzt die Spannungen zwischen Weißen und Schwarzen am Kap weiter verschärfen könnten. Das wäre gefährlich für den Zusammenhalt der jungen Demokratie.

In zehn Wochen lädt sie die ganze Welt zur Fußball-WM ans Kap. Sie will sich als versöhnliche und tolerante Gesellschaft präsentieren, als Modell für den ganzen Kontinent. Wenn nun der Rassenhass wieder offen aufbrechen sollte, ist dies ein irritierendes Signal hinaus in die Welt. Am bedrohlichsten wäre dies für die südafrikanische Nation selbst, wo viele Konflikte ungelöst schwelen - und manche Politiker versuchen, die noch nicht aufgearbeiteten Spannungen der Apartheid politisch zu missbrauchen. Dies gilt nicht nur für die weiße Rechte, sondern ebenso - wenn auch auf ganz andere Weise - für manche Strömungen innerhalb der Regierungspartei ANC.

Marginalisierte Figur

Paradoxerweise diskutiert nun das ganze Land über einen Mann, dessen Bedeutung in Südafrika zuletzt allenfalls marginal erschien. Die "Afrikaner Weerstandsbeweging" (AWB), die Terre'Blanche anführte, steht ganz am rechten Rand, aber die wenigsten weißen Südafrikaner folgen ihr. Doch nun ist die AWB öffentlich wieder sehr präsent. Die Partei nannte den Mord an ihrem Chef eine "Kriegserklärung". Man wolle ihn jetzt "in Frieden" beerdigen. Aber dann werde die Partei am 1. Mai zusammenkommen und "entscheiden, welche Schritte unternommen werden, um Terre'Blanches Tod zu rächen", sagte AWB-Generalsekretär Andre Visagie in südafrikanischen Medien.

Wer sich die Geschichte der militanten Buren in Erinnerung ruft, wird solche Drohungen nicht ganz beiseite wischen können. Zwar herrschen Zweifel, dass der AWB derzeit zu Aktionen fähig ist, die über einzelne, isolierte Anschläge hinausgehen. Doch es könnte auch sein, dass der jüngste Mord ultrarechte Kräfte in Südafrika neu mobilisiert.

Inszenierung als Herrenmensch

Terre'Blanche hatte seine Bewegung 1973 gegründet. Er stemmte sich gegen das damalige Apartheidregime, weil es angeblich die Interessen der herrschenden Weißen verkaufte. Für Leute wie Terre'Blanche war selbst ein Pieter Botha viel zu liberal, der als Staatspräsident Südafrikas standfest die Rassentrennung verteidigte. Die Buren-Bewegung wurde immer militanter, als klar wurde, dass das Apartheidregime unter dem späteren Präsidenten Willem de Klerk auf Reformen zusteuerte. Terre'Blanche inszenierte sich gerne hoch zu Ross, blauäugig, mit wallendem Bart. Ein unbeugsamer Siedler, ein Herrenmensch, der ein "weißes Land" wollte - ganz wie es seinem hugenottischen Namen entspricht.

Im Kampf gegen die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika tötete die AWB 21 Menschen. Terre'Blanche übernahm dafür später bei der Wahrheitskommission die Verantwortung. Doch 1996 schlug er einen Wächter fast tot und kam dafür später hinter Gitter. Seit seiner Freilassung im Jahr 2004 führte er ein eher zurückgezogenes Leben auf seiner Farm bei Ventersdorp. Fast schien er schon vergessen zu sein.

Julius Malema, der kommende Mann des ANC

Doch es geht jetzt nicht alleine um den Mord an Terre'Blanche. Wer die große Erregung in Südafrika verstehen will, muss zurückblicken auf die hitzigen Debatten der vergangenen Wochen, die sich immer wieder an den zweifelhaften Auftritten eines jungen Mannes entzündeten: Julius Malema, Anführer der Jugendliga des regierenden "Afrikanischen Nationalkongresses" (ANC).

Malema, 29, ist ein ehrgeiziger junger Mann, der sich nicht nur auf dem Weg an die Spitze seiner Partei sieht, sondern es auch mag, wenn ihn Anhänger schon als künftigen Präsidenten handeln. Malema konnte bislang auf Präsident Zuma als seinen Förderer zählen. Er liebt feine Designerkleidung - und das grobe Wort. Keiner polarisiert Südafrikas Gesellschaft so sehr wie Malema. Besonders erfolgreich war er damit, als er zuletzt ein altes Lied aus dem Befreiungskampf wiederbelebte: "Tötet den Buren" heißt es. Malema liebt das Lied, er singt es, wo er kann und lehrt so die weiße Minderheit das Fürchten.

Daraus hat sich ein heftiger Streit entwickelt, bis ein Gericht vergangene Woche Malema das Singen des Liedes untersagte. Bereits im Jahr 2003 hatte die Menschenrechtskommission Südafrikas den Song als hetzerisch geächtet. Den Jungfunktionär Malema scheint das nicht zu stören, im Gegenteil. Er reist gerade durch den benachbarten Krisenstaat Simbabwe und tritt dabei mit Robert Mugabes engsten Getreuen auf, um die Politik der machthabenden Zanu-PF zu preisen.

Das ist schon beunruhigend genug für jene Südafrikaner, die fürchten, dass Mugabes gewaltsame Landenteignungen irgendwann Nachahmer am Kap finden könnten. Die Landreform, die in Südafrika auf friedlichen Wege vorangebracht werden soll, macht seit Jahren kaum Fortschritte. Malema übt aber nicht nur den Schulterschluss mit Mugabes Kräften, er setzt noch einen drauf und singt, einen Tag nach Terre'Blanches Ermordung, das umstrittene Lied in Simbabwe erneut: "Tötet den Buren". Gleichzeitig erklärt er zum Mord an Terre'Blanche: "Ich habe damit nichts zu tun."

Präsident Zuma, von dem Führungsstärke erwartet wird, sendet indes widersprüchliche Signale: Einerseits hat er den Ostersonntag zu einer Sonderansprache im nationalen Fernsehen genutzt, den Mord als "furchtbare Tat" verurteilt und das Land zur Ruhe aufgerufen. Das war eine rasche, klare Reaktion, die viele Südafrikaner begrüßen werden. Andererseits hatte Zuma aber in den vergangenen Monaten auch immer wieder für Frustration gesorgt, weil die ANC-Führung bislang unfähig war, seinen Jugendfunktionär Malema in die Schranken zu weisen. Die Entscheidung des Gerichts gegen das umstrittene Lied will der ANC anfechten. Das alles schürt Angst unter der weißen Bevölkerung, weil sie den Eindruck gewinnt, dass Malemas rassistische Tiraden vom ANC gedeckt, wenn nicht gar befördert werden.

Manche bringen den Mord an Terre'Blanche deshalb nun direkt mit Malema und dem Lied in Verbindung. Das durchkreuzt die Lesart des ANC, wonach der Song nicht wörtlich zu nehmen sei und quasi als historisches Kulturgut aus den Zeiten des Kampfes gegen die Apartheid verstanden werden müsse.

Auch Präsident Zuma liebt so manches Lied aus den Zeiten des Befreiungskampfes, vor allem eines: "Bring mir meine Maschinengewehr." Im Wahlkampf um die Präsidentschaft durfte der Song bei kaum einem seiner Auftritt fehlen.

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