Süddeutsche Zeitung

Südafrika:Tausende verabschieden Winnie Mandela in Soweto

Sie war so umstritten wie kaum eine andere Figur der südafrikanischen Zeitgeschichte. Bei einem Staatsbegräbnis trauern Politiker, Aktivisten und Südafrikas Bürger um die Anti-Apartheidskämpferin. Bilder der Trauerfeier und ihres Lebens

Von Roman Deininger

Die Ikone der südafrikanischen Anti-Apartheidsbewegung Winnie Madikizela-Mandela wird mit einem Staatsbegräbnis verabschiedet. Sie starb Anfang April im Alter von 81 Jahren. Das Begräbnis bildet den Abschluss einer zehntägigen Staatstrauer. Während dieser Zeit haben die Menschen Blumen vor dem Haus der "Mutter der Nation" abgelegt.

Mit einem Konvoi aus Autos und Motorrädern wird der Sarg von Winnie Madikizela-Mandela am Samstag zum Ort der Trauerfeier ins Orlando Stadium in Soweto gebracht, den Townshipsiedlungen im Südwesten von Johannesburg.

Tausende haben sich dort versammelt, um von Winnie Madikizela-Mandela Abschied zu nehmen. Sie rufen: "Winnie!" und halten Transparente in die Höhe.

Soldaten tragen den Sarg, der in die Nationalflagge gehüllt wurde, in das Fußballstadion. Es bietet 40 000 Menschen Platz.

Ein Chor singt während des Einzugs die Nationalhymne sowie die Lieblingslieder der Verstorbenen. Zahlreiche Spitzenpolitiker der afrikanischen Nachbarländer sowie Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sind zu dem Begräbnis angereist. Auch der US-Bürgerrechtler Jesse Jackson nimmt an der Trauerfeier teil.

Zindzi Mandela und Zenani Dlamini Mandela (rechts), die Töchter der Verstorbenen mit dem Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela, sprechen während dem Begräbnis ihrer Mutter zu den Trauernden. Zenani Mandela reckt die geballte Faust nach oben, das Symbol für den Widerstand gegen die Unterdrückung der Schwarzen in Südafrika.

Nomzamo Winifred Madikizela, die für die Einen als Heilige und für die Anderen als Sünderin in die südafrikanische Geschichte eingehen wird, kommt 1936 in der heutigen Provinz Ostkap auf die Welt. In den 50er Jahren zieht sie in die Metropole Johannesburg, um Sozialarbeiterin zu werden. Sie arbeitet in einem Krankenhaus in Soweto. Dort lernt sie 1957 an einer Bushaltestelle den Juristen und Anti-Apartheid-Aktivisten Nelson Mandela kennen. Nur ein Jahr später heiraten die beiden.

1963 werden Winnie und Nelson Mandela jäh getrennt: Er geht - wegen angeblichen Landesverrats - für 27 Jahre in Haft. Trotz der Schikanen des weißen Polizeistaats sorgt Winnie dafür, dass ihr Mann im Kerker der Gefängnisinsel Robben Island nicht in Vergessenheit gerät. In den 80er Jahren avanciert sie - neben Erzbischof Desmond Tutu - zur zentralen Figur des Freiheitskampfes. Hier trägt Winnie Mandela (rechts) im April 1986 den Sarg ihres Mitstreiters William Kotoyi.

Für viele Schwarze wird Winnie Mandela die "Mutter der Nation". Je härter das südafrikanische Regime gegen sie vorgeht, desto härter wird sie selbst. Brutal lässt sie ihre Schergen gegen Abweichler in der Freiheitsbewegung vorgehen. Vermeintlichen Verrätern werden in Benzin getränkte Autoreifen um den Hals gelegt und angezündet. Zugleich bleibt Winnie Mandela die unbeugsame Stimme für die Freilassung ihres Mannes. Hier kündigt sie am 17. Juli 1988 ein großes Popkonzert zu dessen 70. Geburtstag an.

Winnie und Nelson Mandela recken die geballten Fäuste gen Himmel, nachdem Nelson am 11. Februar 1990 aus dem Gefängnis entlassen worden ist. Südafrika beginnt seinen Weg zur Demokratie, 1994 wird Nelson Mandela der erste schwarze Präsident des Landes. Mit dem politischen Triumph geht jedoch persönliche Enttäuschung einher: Das Ehepaar Mandela hat sich in der langen Zeit der Trennung entfremdet.1996 lassen sich die beiden scheiden.

Im ersten Kabinett des Präsidenten Nelson Mandela wird Winnie Mandela Vize-Kulturministerin, stolpert aber schon bald über einen Skandal um Korruption und Amtsmissbrauch. Die Streiterin für die Armen hat zu großen Gefallen am Leben der Reichen gefunden. Am 17. April 1995 verkündet Winnie Mandela auf einer Pressekonferenz ihren Rücktritt. Sie bleibt aber noch lange politisch aktiv. 2003 wird sie zu einer Haftstrafe verurteilt, die sie aber nie antreten muss.

Nach dem Tod von Nelson Mandela 2013 führt Winnie Mandela einen schmutzigen Erbstreit mit der Familie ihres Ex-Mannes. Vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) wird sie zu ihrem 80. Geburtstag gefeiert. Hier ist sie 2017 auf einer Konferenz mit dem damaligen Staatspräsidenten Jacob Zuma (links) und seinem späteren Nachfolger Cyril Ramaphosa zu sehen. Am 2. April 2018 stirbt Winnie Mandela im Alter von 81 Jahren. Ihre Landsleute hat sie bis zuletzt in ihrer Widersprüchlichkeit fasziniert.

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