Korruption:Blackout in Südafrika

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Einstiges Vorzeigeobjekt: Kohlekraftwerk in Grootvlei, südlich von Johannesburg. (Foto: GUILLEM SARTORIO/AFP)

Korruption und Sabotage haben die Stromversorgung des Landes zerstört. Deutschland und andere Geber wollen trotzdem Milliarden Euro an Hilfe überweisen. Wer garantiert, dass dieses Geld nicht auch veruntreut wird?

Von Bernd Dörries, Kapstadt

André de Ruyter erzählt die Geschichte derzeit immer wieder. Wie er einen Schluck von seinem Kaffee genommen habe, in seinem Büro im Hauptquartier des südafrikanischen Strommonopolisten Eskom, dessen Chef er bis vor kurzem war. Wie ihm schwindlig wurde, die Worte nicht mehr aus seinem Mund kamen, die er sprechen wollte. Wie der Arzt ihm Unmengen von Vitamin C gab in Tablettenform, um das Zyanid zu binden, das ihm jemand in den Kaffee gekippt hatte. De Ruyter überlebte und erzählt nun, wie es war, drei Jahre lang der Chef des Stromriesen zu sein, der seit Monaten das bestimmende Thema ist im Land. Der Tag beginnt für Millionen Südafrikaner mit einem Blick auf die App im Telefon, die zeigt, wie lange der Strom ausfällt. Bis zu zehn Stunden sind es derzeit pro Tag.

Es ist eine Krise, die fast jeden trifft im Land, vom Kioskbesitzer, dem das Eis in der Tiefkühltruhe zerläuft, bis zum Hühnchenfarmer, dem Zehntausende Tiere verenden, weil die Klimaanlagen nicht mehr funktionieren. Die Krise ist zum Symbol für fast drei Jahrzehnte Herrschaft der einst so stolzen Befreiungsbewegung des ANC geworden, der das Land in den Abgrund führt, zu einem Mafia-Staat macht.

Der ANC, ein Selbstbedienungsladen? Ja, sagte der Konzernchef - und war seinen Job los

In mehreren Interviews hat de Ruyter gerade erzählt, warum es zu den Stromausfällen kommt: die Kohlekraftwerke des Landes sind veraltet. Vor allem aber unterwandern organisierte Banden jeden Aspekt der Stromerzeugung. Hochwertige Kohle wird geklaut und ins Ausland exportiert, stattdessen bekommen die südafrikanischen Eskom-Kraftwerke Steine oder Abfall geliefert. Die Banden sabotieren die Anlagen und verdienen dann an den Reparaturen mit. Ersatzteile verschwinden und müssen teuer vom Schwarzmarkt zurückgekauft werden. Die Polizei wisse oft Bescheid, tue aber nichts. Bis in die höchsten Kreise der Regierung würden die Verbindungen der Kartelle reichen, sagte de Ruyter.

In einem Interview wurde er gefragt, ob Eskom so etwas wie ein Futtertrog sei für den ANC, ein Selbstbedienungsladen: Ja, sagte de Ruyter. Einen Tag später war er seinen Job los. Wurde von der ANC-Regierung als "Rechtsextremist" beschimpft. Und als einer, der versucht habe "Polizist" zu spielen. Das mag man gar nicht im ANC.

Als Cyril Ramaphosa 2018 Präsident Südafrikas wurde und versprach, den Kampf aufzunehmen gegen die Korruption, da schöpfte das Land Hoffnung, dass es gelingen könne, sich von den einstigen Befreiern zu befreien, die sich das Land zur Beute gemacht hatten. Spätestens seit den Enthüllungen von de Ruyter weiß man, es geht fast unvermindert weiter.

Die Interviews sind auch für die westlichen Geber interessant, die jedes Jahr Milliarden Euro nach Südafrika überweisen. Mehr oder weniger direkt auch auf die Konten von Eskom, wo es zu verschwinden droht. Insgesamt 8,5 Milliarden Dollar haben unter anderem die USA, Frankreich und Deutschland versprochen, für die Förderung regenerativer Energien: "Just Energy Transition Investment Plan" heißt das Vorhaben. Es soll Südafrika, das seine Energie bisher zu 80 Prozent aus Kohle gewinnt und zu den größten CO2-Verursachern der Welt gehört, auf einen grüneren Pfad bringen. Das Geld soll dazu genutzt werden, in den Kohlerevieren alternative Arbeitsplätze zu schaffen und neue Technologien zu fördern.

Es geht nur darum, das größte Stück vom Kuchen abzubekommen

Auf dem Papier hört es sich gut an, doch wie sieht die Praxis aus in einem Land, dessen Politik und Verwaltung von Korruption zerfressen sind? De Ruyter schwant jedenfalls Böses, er habe die Befürchtung, das bereits jetzt versucht werde, die Richtlinien für die JEPT-Mittel zu verwässern. Er habe einem hochrangigen Minister gegenüber seine Besorgnis geäußert. "Die Antwort war im Wesentlichen, dass man pragmatisch sein müsse. Im Interesse des Allgemeinwohls muss man einigen Leuten die Möglichkeit geben, ein wenig zu profitieren." Das ist letztlich bis heute die Mentalität von weiten Teilen des ANC, es geht nicht darum, die Wirtschaft voranzubringen, den Kuchen für alle zu vergrößern. Es geht nur darum, das größte Stück abzubekommen. Gerne auch mit Geld aus Ausland. Wie kann man sich sicher sein, dass die Hilfszahlungen nicht veruntreut wird?

Man beobachte die Entwicklungen in Südafrika "sehr genau", teilt ein Sprecher des zuständigen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin. "Die fortgesetzte ambitionierte Bekämpfung von Korruption und Kriminalität im Energiesektor durch die südafrikanische Regierung ist von entscheidender Bedeutung und eine wichtige Voraussetzung für die Bekämpfung der aktuellen Energiekrise."

Berliner Illusionen vom Kampf gegen Korruption

Diese "fortgesetzte ambitionierte Bekämpfung von Korruption", die man in Berlin beobachtet haben will, ist für viele Südafrika nicht wirklich zu erkennen. Die Formulierung klingt fast wie Hohn, wenn doch die Medien in Südafrika fast jeden Tag berichten, welches Kraftwerk gerade wieder sabotiert wird, wo die Diebe ihre Maserati parken. Etwa 600 Millionen Euro sollen jedes Jahr bei Eskom verschwinden. Ex-Chef De Ruyter ist mit seinen Erkenntnissen immer wieder zu den Ministerien gegangen und den Ermittlern, passiert ist wenig. Er schaltete schließlich Privatermittler ein, um zu klären, wer ihn vergiften wollte.

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Die Korruption ist aber nicht einmal das einzige Problem, das die ambitionierten Pläne gefährdet, Südafrika zu einem grünen Energieproduzenten zu machen, der auf Wind und Sonne setzt, statt auf Kohle. Energieminister Gwede Mantashe bezeichnet sich selbst als "Kohle-Fundamentalisten". Während den Gebern schöne Broschüren über neue Energien vorgelegt werden, plant die ANC-Regierung in der Metropolregion Durban neue Gas-und Kohlekraftwerke und vielleicht sogar einen Nuklearmeiler. Es geht dabei nicht nur um Ideologie, sondern auch um Profite. Der chronisch klamme ANC ist selbst an einem Kraftwerksbauer beteiligt, an einem Joint Venture mit Hitachi, das an mehreren korrupten Auftragsvergaben beteiligt war. Wie kann man so einem Partner trauen?

Fragt man die deutsche Botschaft in Pretoria, wie viel Geld Deutschland derzeit in bilaterale Projekte in Südafrika steckt, bekommt man mitgeteilt, dass der Botschaft eine interne Auflistung vorliege, die aber nicht herausgegeben werden könne. Die Zentrale des Auswärtigen Amtes in Berlin kommt nach einer knappen Woche zu dem Urteil, dass die Anfrage an das Bundespresseamt weitergeleitet werden soll, das dann wiederum bei den betroffenen Ministerien nachfragen müsse. Eine Antwort gibt es bisher nicht.

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