Südafrikas PräsidentTrumps Lieblingsfeind kommt zu Besuch

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Cyril Ramaphosa während des G-20-Außenministertreffens in Johannesburg im Februar. In Washington will er über Handel sprechen, nicht über Rassismus.
Cyril Ramaphosa während des G-20-Außenministertreffens in Johannesburg im Februar. In Washington will er über Handel sprechen, nicht über Rassismus. (Foto: Jerome Delay/AP)

Sogar Völkermord an den Weißen wirft US-Präsident Donald Trump Südafrika vor. Nun reist Präsident Cyril Ramaphosa nach Washington. Und hofft trotz allem auf einen Deal.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Natürlich wurde Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa vor seiner Abreise in die USA von aufgeregten Reportern gefragt, mit welchen Gefühlen er seinem Treffen mit Donald Trump entgegensehe. Ob er sich Sorgen darüber mache, was ihn im Weißen Haus erwarte. Ob er befürchte, dass der US-Präsident ihn ähnlich feindselig empfangen werde wie Ende Februar den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij.

Doch Ramaphosa gab sich entspannt. Er mache sich über nichts Sorgen, antwortete er. Er reise nach Washington, um über Handel und die südafrikanisch-amerikanischen Beziehungen zu sprechen. Und das werde er tun.

Ramaphosas Treffen mit dem US-Präsidenten ist für diesen Mittwoch angesetzt, 11.30 Uhr Ortszeit. Und zu behaupten, dass das Verhältnis der beiden Länder derzeit angespannt ist, wäre eine schamlose Untertreibung. Seit Beginn seiner zweiten Amtszeit hat es den Anschein, als habe Donald Trump Südafrika zu seinem neuen Lieblingsfeind auserkoren. Unter anderem bezeichnete er das Land in den vergangenen drei Monaten als „schrecklich“, strich ihm jegliche Finanzhilfen und setzte dessen Botschafter vor die Tür.

Die US-Regierung beschuldigt Südafrika, Weiße per Gesetz zu diskriminieren

Der bisherige Höhepunkt der Fehde war vergangene Woche erreicht, als die US-Regierung eine Gruppe weißer Südafrikaner per Chartermaschine von Johannesburg nach Washington flog, weil diese in ihrer Heimat angeblich rassistisch verfolgt würden. In Südafrika, so Trump wörtlich, drohe ihnen ein „Völkermord“. Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage, wird aber in extrem rechten Kreisen seit Jahren verbreitet. Unter anderem von Trumps in Südafrika geborenem Berater Elon Musk (sowie von dessen künstlicher Intelligenz xAI, die kurzzeitig geradezu wie besessen von dem Thema war).

Neben der falschen Behauptung, weiße Farmer würden in Südafrika gezielt getötet, begründet die US-Regierung ihren Vorwurf mit der für Weiße angeblich diskriminierenden Gesetzgebung des Landes. Gemeint ist ein im Januar verabschiedetes Gesetz, das Enteignungen unter bestimmten Bedingungen ohne Entschädigung ermöglicht, sowie diverse Regelungen, die die in Südafrika über Jahrhunderte benachteiligte schwarze Bevölkerungsmehrheit stärken sollen.

Ähnliche Gesetze zur Förderung von Diversität und Inklusion hatte es auch in den USA gegeben, ehe Trump die sogenannten DEI-Programme allesamt einkassierte. Die Begründung: Es handle sich um Geldverschwendung und Diskriminierung. Einige Beobachter sehen in diesem ideologischen Gegensatz den wahren Grund für die aggressive US-Außenpolitik gegenüber Südafrika. Ramaphosa werde in Washington „als lebendige Verkörperung all dessen erscheinen, wogegen Trump im Wahlkampf gekämpft hat“, schrieb die südafrikanische Zeitung Daily Maverick.

Ein weiterer Streitpunkt: der Umgang mit Israel und den Palästinensern

Dazu kommt ein weiterer Streitpunkt, der im Getöse um die südafrikanischen „Flüchtlinge“ häufig untergeht. Während Trump – ebenso wie sein Vorgänger – Israel unterstützt, gehört Ramaphosas Regierung zu den lautesten Kritikerinnen der israelischen Kriegführung im Gazastreifen. Seine Partei, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), sieht im Los der Palästinenser die eigene Vergangenheit unter dem Apartheid-Regime gespiegelt. Nelson Mandela sagte einst, die Freiheit der Schwarzen in Südafrika sei „unvollständig ohne die Freiheit der Palästinenser“.

Vor eineinhalb Jahren reichte Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Klage gegen Israel ein. Der Vorwurf ist der gleiche, den Trump nun gegen Südafrika erhebt: Völkermord. Dass es sich dabei nicht um einen Zufall handelt, deutete ein Sprecher Ramaphosas vor dessen Abreise zumindest an. Es sei „lächerlich“, sagte er der New York Times, das Wort Völkermord in Bezug auf Südafrika zu verwenden, „während man gleichzeitig dort wegschaut, wo der tatsächliche Völkermord begangen wird“. Das werde Ramaphosa Trump gegenüber zur Sprache bringen.

Ramaphosa selbst hatte Anfang Februar angekündigt, Südafrika werde sich „nicht herumschubsen“ lassen – und dabei offenkundig Trump gemeint. Den Vorwurf des Völkermordes wies er mehrfach zurück. Die weißen Südafrikaner, die Trumps Asylangebot angenommen haben, bezeichnete er als „Feiglinge“. Doch mit direkter Kritik an der US-Regierung hält er sich auffallend zurück. Für Ramaphosa persönlich mag der Besuch im Weißen Haus eine Chance sein, sich als Gegenspieler auf der Weltbühne zu präsentieren; für Südafrika aber steht viel auf dem Spiel.

Ramaphosa will offenbar auch Elon Musk ein Geschäft vorschlagen

Die USA sind nach China der wichtigste Handelspartner des Landes. Das liegt auch daran, dass Südafrika während des vergangenen Vierteljahrhunderts im Rahmen eines Abkommens zollfreien Zugang zum US-Markt genoss. Dieses Abkommen läuft aus. Stattdessen droht Trump nun mit Zöllen von 30 Prozent.

Überlagert von weltanschaulichen Debatten besteht Ramaphosas Mission in Washington also in erster Linie darin, diese Zölle abzuwenden und einen Deal auszuhandeln. Eine Schlüsselrolle soll dabei dem Energiesektor zukommen, wie südafrikanische und amerikanische Medien übereinstimmend berichten.

Ramaphosa will Trump demnach vorschlagen, den Strommarkt für US-Firmen zu öffnen und sie mit der Ausbeutung südafrikanischer Gasvorkommen zu beauftragen. Auch für Elon Musk soll Südafrikas Präsident etwas im Angebot haben: unter anderem günstige Zölle für seine Tesla-Autos, wenn er im Gegenzug Ladestationen künftig in Südafrika produzieren lässt.

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