Südafrika:Mister Technico

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Der Anti-Apartheidskämpfer und Kommunist Denis Goldberg ist gestorben. Er war mit Nelson Mandela und anderen verhaftet und zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Von Bernd Dörries

Denis Goldberg wusste schon lange, dass der Tod kommen wurde. Er saß in seinem bescheidenen Haus in Kapstadt, vor einer großen Fensterfront in seinem Wohnzimmer voller Bücher und afrikanischer Kunst, er schaute aufs Meer und sein eigenes Leben. Er schaute auf ein ungleiches Land. Auf der linken Seite seines Fensters sah er in der Ferne die großen Häuser mit noch größeren Gärten, die sich den Tafelberg hinaufziehen. Rechts sah er die einfachen und brüchigen Wohnblocks, die das Apartheid-Regime für die Coloured-Bevölkerung hatte bauen lassen, nur wenige Meter von seinem Haus entfernt.

Der lebenslange Kommunist und Freiheitskämpfer hatte sich für diese Seite entschieden, anders als viele aus der einstigen Befreiungsbewegung des ANC, der heute in Teilen eher eine mafiöse Organisation ist. "Im Vergleich mit vielen meiner Genossen lebe ich ein bescheidenes Leben", sagte er der SZ im Jahr 2017.

Am Mittwoch ist Denis Goldberg mit 87 Jahren gestorben. "Das ist ein trauriger Moment für unsere Nation", sagte Südafrikas Präsident Cyril Ramphosa, Goldberg habe sich sein Leben lang für Freiheit und diejenigen eingesetzt, die wenig bis nichts hatten.

Er wurde in Kapstadt als Sohn jüdischer Eltern geboren, an der Universität von den weißen Mitschülern wegen seines Namens gehänselt. Er schloss sich der linken Studentenbewegung an und ging schließlich in den Untergrund, wurde Teil von Umkhonto we Sizwe, dem bewaffneten Arm des ANC. "Mister Technico" nannten sie ihn, weil er als studierter Ingenieur die Bomben baute, mit denen der ANC das Apartheidregime bekämpfte. 1963 wurde er mit Nelson Mandela und anderen verhaftet, kam für 22 Jahre ins Gefängnis. Während Mandela und die anderen schwarzen Gefangenen nach Robben-Island kamen, wurde Goldberg in Pretoria eingesperrt, lange in fast völliger Isolation - für das weiße Regime war er ein Verräter.

Nach seiner Entlassung 1985 zog er ins Exil nach London und wurde dort zu einem Sprecher des ANC. Im Gefängnis hatte er Deutsch gelernt und Brecht gelesen, in Deutschland warb er für den Boykott Südafrikas. Nach dem Tod seiner Frau Esma kehrte er 2002 nach Südafrika zurück und wurde enger Berater des Wasserministers. Er sah, wie viele ehemalige Genossen nur an sich dachten, der ANC in Korruption versank. "Es ist eine Tragödie", sagte Goldberg. Die Hoffnung verlor er nie und gründete das "House of Hope" in Kapstadt, ein Kulturzentrum für Kinder. "Schickt keine Grüße, schickt Geld", sagte er Anrufern stets am Telefon.

© SZ vom 02.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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