Südafrika:Jacob Zuma regiert weiter

Südafrika: Er hat auch den achten Versuch, ihn zu stürzen, überstanden: Jacob Zuma, hier bei einer Feier zu seinem 75. Geburtstag in Soweto.

Er hat auch den achten Versuch, ihn zu stürzen, überstanden: Jacob Zuma, hier bei einer Feier zu seinem 75. Geburtstag in Soweto.

(Foto: John Wessels/AFP)

Der Präsident übersteht sein achtes Misstrauensvotum. Eine Mehrheit der Parlamentarier fürchtete ein mögliches Chaos im ANC.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Auf der Bühne des ANC haben sie einfach den Ton abgedreht. Das Podest steht ein paar Meter neben dem südafrikanischen Parlamentsgebäude in der Innenstadt von Kapstadt, auf einer großen Leinwand wird die Debatte nach draußen übertragen. Ein Redner der Opposition nach dem andern geht ans Mikrofon und sagt, warum er dafür ist, Präsident Jacob Zuma das Misstrauen auszusprechen, ihn aus dem Amt zu entfernen. Es gibt ein gutes Dutzend Oppositionsparteien im Parlament, deren Vertreter sich nun alle gegen den Präsidenten wenden, was man im Lager des ANC nicht so gerne hört, weshalb nun einfach laute Musik gespielt wird, bis die Stimmen schließlich ausgezählt sind.

Von den 400 Parlamentsabgeordneten stimmen am Ende nur 177 für die Amtsenthebung, 198 dagegen. Der ANC verfügt über 249 Sitze, für die Abwahl wären 201 Stimmen nötig gewesen. Es war der achte Versuch, Zuma aus dem Amt zu wählen. Diesmal hatte sich die Opposition die besten Chancen ausgerechnet, weil die ANC-Parlamentspräsidentin überraschend ein geheimes Votum zugelassen hatte. Die ANC-Abgeordneten im Saal tanzten nach der Verkündung des Ergebnisses und umarmten sich.

Wenn man aber genau hinschaut, ist es ein ziemliches Desaster. Mindestens 51 ANC-Abgeordnete stimmten gegen ihren eigenen Präsidenten oder enthielten sich. Sechzehn Abgeordnete waren nicht im Parlament anwesend. Hätten sie zusammen mit den sich Enthaltenden gegen Zuma gestimmt, wäre der Präsident nicht mehr im Amt.

Seit Monaten tauchen jeden Tag gut belegte Vorwürfe gegen den Präsidenten auf

"Mit seinen Skandalen kann der Präsident in jedem Gefängnis Preise gewinnen", sagte ein Oppositionspolitiker. Seit Monaten tauchen jeden Tag gut belegte Vorwürfe gegen den Präsidenten auf, der eng mit der indischstämmigen Unternehmerfamilie der Guptas verbandelt ist: Gegen Geld gibt es Staatsaufträge und Einfluss, bis hin zur Mitsprache bei der Ernennung von Ministern. "Die Gupta-Familie ist zu unserem Kabinett geworden", sagte Mmusi Maimane, der Chef der Oppositionspartei Democratic Alliance unmittelbar vor der Abstimmung. Den Kollegen vom ANC rief er zu: "Heute müsst ihr euren Mut zeigen. Eure Liebe zu Südafrika." Viele Gründe gab es nicht, für Zuma zu stimmen. Das Land befindet sich in einer Rezession, die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordhoch, die Währung verfällt.

Dass es für die Opposition dennoch nicht reichen würde, hatte sich aber schon in den Tagen davor abgezeichnet. Die Führung des ANC hatte mögliche Abweichler unter Druck gesetzt und immer wieder das alte Bild "Wir gegen sie" beschworen. Jeden Tag trat irgendwo ein Zuma-Getreuer auf und erinnerte die Kameraden daran, dass der ANC das Land von der Apartheid befreit und seit 1994 jede Wahl gewonnen habe.

Endscheidend für das Votum war die Angst vieler Parlamentarier des ANC vor dem Chaos

"Der ANC ist die älteste Befreiungsbewegung des Kontinents, wir lassen uns nicht von irgendwelchen Micky-Maus-Organisationen belehren", sagte Finanzminister Malusi Gigaba in der Parlamentsdebatte vor der Abstimmung. Die größte Oppositionspartei, die Democratic Alliance, habe sich seit der Apartheid nicht groß verändert. "Die DA ist eine Partei der weißen Bosse und schwarzen Handlanger." Verteidigungsministerin Nosiviwe Malisa-Nqakula gestand im Parlament zumindest ein, dass "einige unserer Mitglieder sich an der Korruption beteiligt haben".

Der ANC habe aber die Kraft, sich zu erneuern, dazu brauche man keine Hilfe von außen. Endscheidend für das Scheitern des Votums war vor allem die Angst vieler ANC-Parlamentarier, dass die Partei nach dem Abgang ins Chaos stürzen könnte. Prominente Zuma-Gegner wie Vizepräsident Cyril Ramaphosa tauchten vor dem Votum völlig ab. Ihn trieb wohl die Angst um, als Königsmörder dazustehen - und damit alle Chancen einzubüßen, selbst einmal die Nachfolge von Zuma anzutreten, der nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal kandidieren darf. Über die den neuen ANC-Präsidenten und damit Spitzenkandidaten bei der Präsidenten-Wahl 2019 soll im Dezember auf einem Parteikongress entschieden werden.

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