Südafrika:Eine Frau von gestern

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Gott habe sie entsandt, hat Busisiwe Mkhwebane nach Amtsantritt als „Public Protector“ erklärt. (Foto: Rodger Bosch/AFP)

Busisiwe Mkhwebane behindert den Kampf gegen Korruption in dem ehemaligen Apartheid-Staat. Dabei schreibt ihr Amt genau das Gegenteil vor.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Es ist ein Amt, dessen Titel sich nur schwer ins Deutsche übersetzen lässt, dessen Arbeitsplatzbeschreibung in der Verfassung der meisten Demokratien schlicht nicht vorkommt. Einen "Public Protector" haben die Gründungsväter des modernen Südafrika in die Verfassung eingebaut, die nach dem Ende der Apartheid neu geschrieben wurde, eine Position, die mit "Beschützer der Öffentlichkeit" nur etwas holprig übersetzt werden kann. Letztlich ist der Public Protector eine Art oberste Vertrauensperson, an die sich alle wenden können, wenn sie glauben, dass der Staat nicht auf ihrer Seite ist. Dafür gibt es gute Gründe in Südafrika, das historisch gesehen lange ein Unrechtsstaat war und auch in der neuen Zeit so seine Probleme hat, dessen Regierungspartei ANC eher einer mafiösen Organisation gleicht als einer demokratischen Partei.

Der Public Protector sollte eigentlich als eine Art Schutzwall dienen, als letzte moralische Barriere vor dem völligen Zusammenbruch. Thuli Madonsela füllte dieses Amt lange genauso aus, wurde für viele eine unbeugsame Heldin, weil sie mutig gegen die Korruption unter dem Ex-Präsidenten Jacob Zuma ankämpfte, weil sie mit ihren kühlen Berichten über dessen maßlose Bereicherung dazu beitrug, dass selbst der ANC Zuma dann vorzeitig aufs Altenteil abschob. Als "Makhadzi" hat sich Madonsela selbst gesehen, "als eine Tante, eine nicht politische Figur, die als Puffer zwischen den Herrschern und dem Volk fungiert". Sie hat dabei nie einen Zweifel gelassen, auf wessen Seite sie steht: auf jener der kleinen Leute, die von den korrupten ANC-Eliten um das neue Südafrika betrogen wurden.

Die besten Mitarbeiter ihrer Vorgängerin wurden entlassen

Gott habe sie entsandt, sagte hingegen ihre Nachfolgerin Busisiwe Mkhwebane zu der Frage, wer ihr das Mandat verliehen habe. Als sie 2016 ihre Büros bezog, wies sie ihre Mitarbeiter an, alle Fernseher auf den Kanal ANN7 zu stellen, einen recht plumpen Propagandasender, der den Freunden von Zuma gehörte. Die besten Mitarbeiter der Vorgängerin wurden entlassen.

Es war der Beginn einer Amtszeit, die das Amt in sein Gegenteil verkehrte. Mkhwebane ist nicht auf der Seite derer, die unter der Korruption leiden, sondern auf der der Täter. Sie schützt die Interessen von Zuma und seiner Clique und arbeitet recht aktiv daran, seinen Nachfolger Ramaphosa zu diskreditieren. Die höchsten Gerichte haben in den vergangenen Monaten recht deutliche Worte gefunden für das Wirken von Mkhwebane: "Vage, widersprüchlich und unsinnig" nannte ein Richter neulich ihre Berichte. Präsident Cyril Ramaphosa hält sie für "komplett inkompetent". Er und das Parlament stehen nun vor einem Dilemma. Was macht man mit einer Person, deren Amtsführung höchsten moralischen Ansprüchen genügen, die die Regierung kontrollieren soll - die aber letztlich eine Fehlbesetzung ist? Es macht keinen guten Eindruck, wenn die zu Kontrollierenden den Kontrolleur austauschen. Es wirkt wie in ein Rückfall in alte Zeiten.

Sie konnte keine große Karriere vorweisen. Aber Zuma wusste, dass er auf sie zählen konnte

Dabei verkörpert Mkhwebane selbst die alte Zeit, als recht treue Dienerin Zumas und des alten Systems. Zuma hatte ein gutes Gespür dafür, unbekannte Leute in hohe Positionen zu bringen, die ihm dann umso treuer dankbar waren. Er schaffte es, seine Schulfreundin, eine Grundschullehrerin, zur Chefin von South African Airways zu machen, die das Staatsunternehmen dann in Ruhe ausplündern konnte. Busisiwe Mkhwebane arbeitete davor in der Botschaft in Peking und im Innenministerium, keine große Karriere. Aber Zuma wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.

Ihrer Vorgängerin verbot sie einmal, einen Preis anzunehmen für ihren Kampf gegen die Korruption. Bei Mkhwebane fragt sich das Land eher, wie hoch ihr Preis ist. Das Organised Crime and Corruption Reporting Project, ein gemeinnütziges Journalismusprojekt, berichtete kürzlich, dass die Großbank HSBC eine Überweisung auf ein Konto von Mkhwebane dem Umfeld der Gupta-Brüder zuordnen konnte.

Die drei waren um die Jahrtausendwende aus Indien eingewandert, hatten einen kleinen Computerhandel aufgebaut und zu hohen ANC-Kadern Kontakte geknüpft, mal gab es einen Auftrag, mal einen Job für deren Söhne. Die große Zeit kam, als diejenigen, auf die sie gesetzt hatten, an die Macht kamen, an der Spitze Jacob Zuma. Es begann eine jahrelange Plünderung, aus den staatlichen Unternehmen wurden Milliarden Dollar gestohlen. Mkhwebane schwieg zu alldem weitgehend, ihr bemerkenswertester Beitrag aus jener Zeit war es, vorzuschlagen, die bisher privat geführte südafrikanische Zentralbank zu verstaatlichen und ihrer Unabhängigkeit zu berauben. Letztlich ging es darum, mehr Geld aufzutreiben, das dann gestohlen werden konnte. Unsinn, Unfug, lauteten damals schon die Kommentare.

Mittlerweile ist Mkhwebane zu einem echten Problem geworden für jene, die den Staat von der Korruption befreien wollen. Der "neue Morgen": So hat Präsident Ramaphosa sein Projekt genannt, ANC und Staat wenigstens von den größten Gaunern zu befreien.

Sonderlich gut kommt es nicht voran, weil der ANC zu einem großen Teil aus mutmaßlichen Gaunern besteht, die mittlerweile ganz unverfroren gegen Ramaphosa Stimmung machen, ihn am liebsten aus dem Amt drängen würden. ANC-Generalsekretär Ace Magashule ist ihr Anführer, Public Protector Mkhwebane ist ihr ausführendes Organ und macht immer wieder mit unbewiesenen Behauptungen Stimmung gegen Präsident Ramaphosa und dessen engste Vertraute. Und liegt dabei nicht immer ganz daneben.

Ramaphosas Team hatte im Wahlkampf eine Großspende von einem Unternehmer angenommen, der auch in korrupte Geschäfte verwickelt ist. Im Falle Ramaphosa konnte keine Gegenleistung nachgewiesen werden, der Präsident verstrickte sich aber dennoch in Widersprüche, man kann ihm zumindest mangelende Transparenz vorwerfen. Den Furor von Mkhwebane rechtfertige das aber auch nicht, sagen ihre Kritiker.

Mehrere Bürgerrechtsorganisationen haben nun das Parlament dazu aufgerufen, sie aus dem Amt zu entfernen. Mkhwebane selbst sagt, sie sei zu Unrecht das Opfer einer Hexenjagd geworden, habe sich nichts vorzuwerfen. Außerdem gebe es keine Möglichkeit, sie aus dem Amt zu entfernen. Das könne nur Gott.

© SZ vom 06.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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