Süddeutsche Zeitung

Süd- und Nordkorea:Gefecht im Gelben Meer

Ein südkoreanisches Schiff feuert auf ein Patrouillenboot Nordkoreas. Seoul spricht von einer Grenzverletzung, Pjöngjang von gezielter Provokation. Die USA wollen unterdessen direkt mit Diktator Kim Jong Il verhandeln.

An der umstrittenen Seegrenze zwischen Süd- und Nordkorea im Gelben Meer ist es am Dienstag erneut zu einem schweren militärischen Zwischenfall gekommen. Süd- und nordkoranische Marineschiffe hätten sich ein Feuergefecht auf hoher See geliefert, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul mit.

Unklar war, ob es Tote gegeben hat. Die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete unter Berufung auf Ministeriumsbeamte, dass dabei ein nordkoreanisches Patrouillenboot schwer beschädigt worden sei. Auf südkoreanischer Seite habe es keine Verletzten gegeben. Die Kampfhandlungen vor der Westküste der geteilten koreanischen Halbinsel hätten nur kurz gedauert.

Zu dem Schusswechsel kam es den Berichten zufolge, nachdem ein Patrouillenboot aus Nordkorea die Grenzlinie verletzt und in südkoreanisches Hoheitsgewässer eingedrungen sei. Ein südkoreanisches Kriegsschiff habe zunächst Warnschüsse auf das feindliche Boot abgegeben. Die Nordkoreaner hätten zurückgeschossen. Das Schiff habe sich nach dem nachfolgenden Schusswechsel wieder auf die nordkoreanische Seite der Seegrenze zurückgezogen.

Südkorea müsse sich für den Vorfall entschuldigen, hieß es am Dienstag in einer von den staatlichen Medien veröffentlichten Erklärung des obersten Kommandos der nordkoreanischen Volksarmee. Ein Patrouillenboot der Volksarmee sei bei einer Routinefahrt auf der Spur eines nicht identifizierbaren Objekts gewesen, als "eine Gruppe von Kriegsschiffen der südkoreanischen Streitkräfte es (das Boot) verfolgten und eine solche schwere Provokation unternahmen, es zu beschießen".

"Das Gefecht ereignete sich, nachdem die nordkoreanische Seite unsere verbalen Warnungen und Warnschüsse missachtet und direkt unsere Schnellboote angegriffen hat", zitierte Yonhap den südkoreanischen Ministerpräsidenten Chung Un Chan bei einer Sitzung im Parlament in Seoul. Chung habe das Gefecht als eine "zufällige Kampfhandlung" charakterisiert. "Wir analysieren die Motive für die Grenzverletzung durch das nordkoreanische Boot", zitierte Yonhap einen Regierungsbeamten.

Obama reist nach Asien

Das Gebiet um die umstrittene Seegrenzlinie war in den vergangenen zehn Jahren zwei Mal Schauplatz von tödlichen Gefechten zwischen Kriegsschiffen beider Länder, und zwar 1999 und 2002. Nordkorea erkennt die sogenannte Nördliche Grenzlinie vor der Westküste nicht an. Die Grenzlinie wurde am Ende des Koreakriegs (1950-53) einseitig von einem UN-Kommando gezogen.

Nach monatelangen teils heftigen Spannungen gab es zuletzt zwischen Süd- und Nordkorea wieder vorsichtige Schritte einer Annäherung. Nordkorea hatte Südkorea jedoch Mitte des vergangenen Monats beschuldigt, Kriegsschiffe in seine Hoheitsgewässer vor der Westküste geschickt zu haben.

Der Vorfall ereignete sich kurz vor dem Beginn einer Reise von US-Präsident Barack Obama nach Asien. In der nächsten Woche wird er auch Gespräche in Seoul führen. Die Washington Post berichtete, Obama habe entschieden, seinen Sondergesandten für die Nordkorea-Politik, Stephen Bosworth, nach Pjöngjang zu schicken. Dort solle er sich um die Wiederaufnahme der von Nordkorea abgebrochenen Sechs-Länder-Gespräche über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm bemühen. Der Besuch sei noch vor Jahresende geplant.

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