Afrika:Wie kann der Sudan den Krieg überwinden?

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Auch der neue Konflikt im Sudan ist eine Ursache dafür, dass so viele Menschen auf der Flucht sind: Eine Sudanesin mit ihrem Kind in Saudi-Arabien. (Foto: Amr Nabil/dpa)

Saudi-Arabien und die USA versuchen jetzt, die beiden Konfliktparteien des afrikanischen Landes an einen Tisch zu bekommen. Worum geht es und wie stehen die Chancen für Frieden?

Von Arne Perras

Die USA und Saudi-Arabien haben eine Initiative gestartet, um Gespräche zwischen den Kriegsgegnern im Sudan in Gang zu bringen. Erstmals reisten dafür am Wochenende Emissäre beider Seiten nach Dschidda. Von Friedensverhandlungen wollte noch keiner reden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Krisendiplomatie und den Schwierigkeiten, die Kämpfe zu beenden.

Wie ist die Ausgangslage für die Gespräche in Dschidda?

Beide Kampfparteien des Sudan haben schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie keine Verhandlungen über ein Ende des Krieges führen wollen. Das heißt, sowohl Armeechef Abdel Fattah al-Burhan als auch Milizenführer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemeti, setzen darauf, dass sie militärisch die Oberhand gewinnen können. Womöglich eine Fehlkalkulation, aber das ist das beherrschende Kalkül. Der Konflikt entzündete sich daran, dass Hemeti seine Milizen, die Rapid Support Forces (RSF), eingliedern sollte in die reguläre Armee. Weil er das nicht will, geht er nun aufs Ganze. So wie auch sein Rivale, Armeechef al-Burhan.

Welches Ziel streben die Vermittler an?

Weitgehend einig sind sich der Westen, die UN und die Nachbarstaaten, dass es möglichst bald eine stabile Feuerpause geben muss. Substanzielles war zunächst noch nicht durchgedrungen, aber klar ist, dass das Ziel eng gesteckt ist: die akute Not von Millionen Menschen zu lindern, die zwischen die Fronten geraten sind. Die UN wollen Wege öffnen, um Zivilisten mit dem Wichtigsten für ihr Überleben zu versorgen.

Wie sind die Aussichten für eine politische Lösung?

Im besten Fall wird humanitäre Hilfe bald anrollen - gelöst ist damit auf politischer Ebene nichts. Ohne diesen ersten Schritt ist jedoch zu befürchten, dass sich die Lage der Bevölkerung weiter verschlechtert, die UN rechnen bereits mit 800 000 Flüchtlingen. Hält der Krieg an, könnten es mehr werden, sie fliehen in verschiedene Länder, mutmaßlich auch Richtung Europa.

Ohne Kooperation der Kriegsherren läuft in dieser Phase also nichts. Doch beide haben schon mal die zivilen Kräfte im Sudan getäuscht, als sie die vereinbarte Transition stoppten, durch die das Land die Diktatur überwinden sollte. Wer daraus schließt, dass man Gespräche mit den Generälen ganz meiden sollte, dem bleiben nur harte Sanktionen mit schweren Folgen für die Bevölkerung oder eine militärische Intervention von außen, die derzeit als ausgeschlossen gilt. Die Erfahrungen in Somalia wirken da abschreckend. Es ist also völlig unklar, welche politischen Initiativen auf eine Waffenruhe folgen könnten, um den Sudan zu befrieden.

Gibt es beim Krisenmanagement einen internationalen Konsens?

Ja und nein. Weitgehende Einigkeit herrscht darüber, dass der Krieg die Region zu destabilisieren droht. Das beunruhigt besonders die Nachbarn Ägypten und Südsudan. Für letzteren ist der Krieg im nördlichen Anrainerstaat existenzbedrohend, weil die Pipeline für südsudanischen Ölexport durch den Norden verläuft. Ägypten wiederum hat ein überragendes Interesse daran, dass der Sudan von verbündeten Kräften regiert wird, weil von dort der Nil ins eigene Land strömt und für Ägypter wohl kein Gedanke verstörender wäre, als dass ihnen jemand am Oberlauf das Wasser abgraben könnte.

Die Vorstellungen einer politischen Zukunft des Sudan klaffen bei den äußeren Akteuren jedoch weit auseinander. Die einflussreichen Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien haben an einer Demokratisierung kaum Interesse, ebenso wenig Ägypten. Sie dürften ähnlich wie Moskau und Peking ein autoritäres Herrschaftsmodell favorisieren, so wie sie es selbst zu Hause pflegen.

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Westliche Staaten haben erklärt, sie wollten einen demokratischen Wandel unterstützen. Doch der Krieg verstellt den Weg, demokratische Kräfte sind kaltgestellt. So dürften europäische Regierungen schon aus innenpolitischen Gründen dazu neigen, kurzfristig eher auf Schritte zu setzten, die eine weitere Zunahme der Fluchtbewegung übers Mittelmeer verhindern. Das könnte, wie früher, auch ein autoritär regierter Sudan übernehmen, indem er die Grenzen schließt. Allerdings würde ein solcher Kurs das Glaubwürdigkeitsproblem der Europäer in Afrika und den Vorwurf der Doppelmoral erheblich verstärken. Langfristig wäre dies für Europas Interessen kontraproduktiv.

Für Putins Russland ist die Gemengelage im Sudan komfortabel, Wagner-Söldner können dort weiter ihren Kriegsgeschäften nachgehen. Moskau pflegt Beziehungen zu beiden Generälen - auf dass der Schlagkräftigere gewinnen möge. Russland kann die Konflikte aussitzen, und wenn diese mehr Flüchtlinge nach Europa drängen, spielt das Putin nur in die Hände.

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