Militärputsch:Sudans entmachteter Regierungschef ist wohlauf

FILE PHOTO: Sudan's Prime Minister Abdalla Hamdok addresses the media at the Chancellery in Berlin

Sudans Premierminister Hamdok - hier bei einem Besuch in Berlin im Februar.

(Foto: HANNIBAL HANSCHKE/REUTERS)

Ausländische Diplomaten treffen Premierminister Hamdok, der vom Militär unter Hausarrest gestellt wurde. Die Putschisten ziehen Botschafter aus mehreren Ländern ab. US-Außenminister Blinken bietet dem Sudan Hilfe nach einer Rückkehr zu einer verfassungsgemäßen Regierung an.

Der durch den Militärputsch im Sudan entmachtete Regierungschef Abdalla Hamdok ist nach Angaben der Vereinten Nationen wohlauf. Man habe sich in Hamdoks Residenz mit ihm treffen können, teilte die UN-Mission in Khartum auf Twitter mit. An dem Treffen nahmen neben dem UN-Sondergesandten Volker Perthes die Botschafter Deutschlands, Frankreichs, der EU und der ranghöchste US-Diplomat im Land teil.

Zuvor hatten die Botschafter Deutschlands und anderer Länder die Wiedereinsetzung des entmachteten Ministerpräsidenten gefordert, der nun faktisch unter Hausarrest steht. Man erkenne Hamdok weiterhin als Regierungschef an, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Delegation sowie der Botschaften Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, der USA und anderer Staaten. Zudem wurde die sofortige Freilassung rechtswidrig festgesetzter Minister und Vertreter der Zivilgesellschaft gefordert.

Das Militär hatte am Montag nach wachsender Zuspitzung der politischen Lage die Macht in dem nordostafrikanischen Land mit rund 44 Millionen Einwohnern übernommen. General Abdel Fattah Burhan verkündete die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder und verhängte einen Ausnahmezustand.

Kurz nach dem Militärputsch im Sudan hat die Armeeführung Berichten zufolge den Botschafter des Landes bei der Europäischen Union und fünf weitere Diplomaten von ihren Aufgaben entbunden. Abgesetzt wurden demnach neben dem Botschafter bei der EU in Brüssel auch jene in den USA, China, Frankreich und Katar sowie der Leiter der sudanesischen Mission in Genf. Das berichteten das sudanesische Staatsfernsehen und der TV-Kanal Al-Arabiya in der Nacht zum Donnerstag.

Afrikanische Union geht gegen den Sudan vor

US-Außenminister Antony Blinken erörterte mit der sudanesischen Außenministerin Mariam al-Sadiq al-Mahdi eine mögliche Unterstützung der USA nach dem Militärputsch. Er habe in einem Telefonat mit Al-Mahdi besprochen, wie die Vereinigten Staaten den Wunsch des sudanesischen Volkes nach einer Rückkehr zu einem von Zivilisten geführten Übergang zur Demokratie am besten unterstützen können, teilte Blinken auf Twitter mit.

Die Afrikanische Union suspendierte die Mitgliedschaft des Landes, bis die entmachtete Übergangsregierung unter ziviler Führung wiederhergestellt ist. Die Weltbank setzte ihre Zahlungen an den Sudan vorerst aus - ebenso wie die USA, die inzwischen den nicht dringend benötigten Mitarbeitern ihrer Botschaft in Khartum genehmigt haben, das Land zu verlassen.

Der Sudan war fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert worden. Im April 2019 wurde der Langzeit-Machthaber dann nach Massenprotesten und einem Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte. Durch den Putsch vom Montag droht nun der Verlust dieser hart erkämpften Errungenschaften, wogegen breite Teile der Bevölkerung vehement Widerstand leisten.

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