Die Schlacht um die sudanesische Hauptstadt Khartum hat begonnen: Die regulären Streitkräfte der Armee (SAF) rücken in einer Offensive an mehreren Fronten vor, um die Metropole am Nil von der gegnerischen Miliz Rapid Support Forces (RSF) zurückzuerobern.
Seit Donnerstagmorgen erschüttern Gefechte den städtischen Großraum, es sind die schwersten militärischen Auseinandersetzungen in dieser Gegend seit vielen Monaten. Ein im Osten Khartums stationierter Korrespondent des Senders al-Arabiya berichtete, er höre Explosionen und den Donner schwerer Waffen, von mehreren Fronten kommend.
Beide Seiten beziehen Waffen aus dem Ausland
Die Einheiten der hochgerüsteten RSF hatten zu Beginn des Konflikts im April 2023 sehr rasch den überwiegenden Teil der Hauptstadt eingenommen, die Armee konnte es nicht verhindern. RSF-Kämpfer mischten sich dabei oft unter die zivilen Bewohner, plünderten ihre Häuser. Die Milizen terrorisieren seither alle jene, die nicht fliehen konnten, sexuelle Gewalt gegen Frauen ist weitverbreitet.
Wie der regionale Radiosender Dabanga meldete, reklamiert die Armee, die Kontrolle über drei wichtige Brücken gewonnen zu haben. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht bestätigen. Auf Bildern und Videos war zu sehen, wie an mehreren Stellen der Hauptstadt dicker Qualm aufstieg, die Streitkräfte unter Befehl von General Abdel Fattah al-Burhan attackieren RSF-Stellungen mit Artillerie und aus der Luft.
Nur die Armee besitzt Kampfjets, allerdings konnte die gegnerische RSF – durch Unterstützung von außen – moderne Drohnen erwerben, die auch Mörsergranaten abwerfen. UN-Experten haben Hinweise gesammelt, dass die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) die RSF mit Waffen versorgen – ein Vorwurf, den Abu Dhabi zurückweist. Die sudanesische Armee wiederum bezieht Drohnen aus Iran, mit neuen Waffen waren der SAF schon vor Monaten in Khartum einzelne Vorstöße gegen die RSF gelungen.

Die jüngste Offensive gegen RSF-Stellungen fällt zeitlich zusammen mit dem Auftritt des Armeechefs Burhan in New York, er durfte dort vor der UN-Generalversammlung reden. Burhan wurde angekündigt als Präsident des sogenannten Transitional Sovereign Council. Diese kollektive Übergangsregierung war nach dem Sturz von Diktator Omar al-Baschir geschaffen worden, um den Sudan zu reformieren. Inzwischen aber hat das Militär zivile Kräfte entmachtet, de facto reklamiert eine Putschregierung die staatliche Autorität. Von den UN wird Burhans Führung anerkannt.
Die RSF-Miliz führe einen „totalen Krieg“, sagt der General in New York
Burhan nutzte, zeitgleich zur militärischen Offensive, die Weltbühne für eine breite verbale Attacke auf den Erzfeind RSF. Die Miliz war mit ihm bis April 2023 verbündet, geführt wird sie von Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemeti. Er hat seine arabischen Wurzeln in Tschad. In seiner Rede legte Burhan der RSF zahllose Verbrechen zur Last, Massenvertreibungen, ethnische Gewalt bis zum Genozid. Teils werden solche Vorwürfe von unabhängigen Menschenrechtsgruppen und den UN geteilt; der Armee selbst werden ebenfalls Kriegsverbrechen vorgeworfen, seitdem durch Luftangriffe auch unbeteiligte Zivilisten sterben.
Burhans Rede zielte ganz darauf ab, die RSF und ausländische Unterstützerstaaten anzuprangern, gemeint waren wohl vor allem die UAE. Die RSF nutze Söldner aus der Region, um einen „totalen Krieg“ gegen das sudanesische Volk und den Staat zu führen, klagte Burhan.
Dass die diplomatische Offensive des Generals in New York durch den militärischen Vorstoß in Khartum flankiert war, ist kaum ein Zufall. Die SAF will ein Signal der Stärke in die Welt senden und zeigen, dass sie ihren Anspruch auf die Regierung militärisch auch durchsetzen kann. Eine Strategie, die viele für unrealistisch halten, angesichts der Geländegewinne und Stärke der RSF. Burhans Hauptstadt liegt in Port Sudan im Osten, und das wird sich nicht ändern, solange er die RSF nicht aus Khartum drängen kann.
Mit den neuen Kämpfen wächst die Sorge, dass das Leiden von hungernden Zivilisten weiter zunimmt. Zehntausende Sudanesinnen und Sudanesen sind schon gestorben, ohne dass die eine oder andere Seite das herrschende militärische Patt im Sudan grundlegend aufbrechen konnte.