Suche nach dem Ehec-Erreger:Bahr weist Kritik als "typisch deutsch" zurück

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Während die Suche nach dem Ehec-Erreger weitergeht, gerät das Krisenmanagement der Regierung immer stärker in die Kritik, Forderungen nach einer zentralen Bundesbehörde im Kampf gegen Seuchen werden laut. Gesundheitsminister Bahr hält von solchen Ideen nichts. Inzwischen zweifelt die EU daran, dass Deutschland die Krise alleine bewältigen kann.

Die Gesundheitsbehörden jagen weiter nach dem Ehec-Erreger - ohne Erfolg. Nun mehren sich die Stimmen, die fordern, die Suche anders zu organisieren - zentral in der Bundesregierung oder mit Hilfe aus Europa und anderen Ländern. Es ist die Rede von einer zentralen Seuchen-Polizei.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor einem Treffen der Gesundheits- und Verbraucherminister von Bund und Ländern an diesem Mittwoch: "Es kommt auf die Zusammenarbeit der Behörden an." (Foto: dapd)

Das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie fordert einen zentralen Regierungskoordinator für das Krisenmanagement beim Auftreten gefährlicher Erreger. Derzeit entstehe durch die vielen Wortmeldungen der Eindruck, als würde die Politik den Ereignissen hinterherhecheln, sagte der Direktor des Berliner Instituts, Stefan Kaufmann, der Zeitung Die Welt. Der Koordinator könne die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien verbessern.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hält von solchen Ideen nichts. "Das ist typisch deutsch. Es wird sofort wieder nach einer neuen Behörde und einer neuen Struktur gerufen", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Es sei nicht entscheidend, welche Behörde welchem Ministerium unterstehe. Vielmehr müsse in Zukunft besser miteinander kommuniziert werden.

"Es ist nicht die Frage, ob es nur eine Behörde gibt, sondern es kommt auf die Zusammenarbeit der Behörden an", sagte er vor einem Sondertreffen der Gesundheits- und Verbraucherminister von Bund und Ländern an diesem Mittwoch in Berlin. Dort soll auch über Koordination und Kooperation der zuständigen Stellen gesprochen werden.

EU-Gesundheitskommissar John Dalli rief die deutschen Behörden derweil zu einer engen internationalen Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Epidemie auf. "Wir müssen auf die Erfahrung und die Expertise in ganz Europa und sogar außerhalb Europas setzen", sagte Dalli der Welt. Nach Informationen des Blattes erwarten EU-Kreise vor allem, dass Deutschland Experten aus den USA und Japan bei der Suche nach der Quelle des Ehec-Erregers hinzuzieht.

Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung kam unter anderem vom Vorsitzenden des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Er fordert für die Zukunft ein "Krisenmanagement aus einem Guss". Dieses sollte ein mit größeren Kompetenzen ausgestattetes Robert-Koch-Institut übernehmen, sagte Billen der Mittelbayerischen Zeitung. Die föderale Struktur beim Verbraucherschutz behindere die Aufklärung bei Lebensmittelkrisen. Sobald die Ehec-Krise ausgestanden sei, müssten die Institutionen neu aufgestellt werden.

Auch Sachsens Verbraucherministerin Christine Clauß (CDU) sprach sich für eine bessere übergreifende Zusammenarbeit der Länder aus. "Gerade in Situationen, in denen man es mit einer flächendeckenden Bedrohung zu tun hat, wäre es wichtig, sich enger und zentraler abzustimmen", sagte sie der Leipziger Volkszeitung.

Der Chef des Robert Koch-Instituts, Reinhard Burger, wies den Vorwurf zurück, das Institut sei mit zu wenig Personal im Einsatz gewesen, räumte aber ein, bisweilen nicht schnell genug gewesen zu sein. "Wir hätten manches noch rascher transparenter machen sollen. Aber die Ereignisse überschlagen sich, alle Mitarbeiter sind extrem gefordert und man kann nicht alles gleichzeitig machen", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Ich sehe von unserer Seite keine groben Fehler und Versäumnisse."

Im Kampf gegen den Ehec-Erreger gibt es keinen Grund zur Entwarnung, glaubt Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne). In seinem Bundesland habe die Zahl der Neuerkrankungen weiter zugenommen, sagte Remmel im WDR-Radio. Deshalb könne er sich nicht der optimistischen Prognose anschließen, das Schlimmste sei bereits überstanden. In Nordrhein-Westfalen war am Dienstag die Zahl der an dem aggressiven Darmkeim Erkrankten um 30 auf mehr als 300 gestiegen.

Es müsse jetzt geklärt werden, ob sich der Verdacht gegen das Sprossengemüse eines inzwischen gesperrten Hofs in Niedersachsen bestätige, sagte Remmel. "Dann müssen wir weitere acht bis zehn Tage warten." Wenn dann das Ausbruchsgeschehen in sich zusammenbreche, könne man relativ sicher sagen, dass der Hof die Quelle der Infektionen sei. Erste Laborproben von dem betroffenen Hof in Bienenbüttel waren allerdings negativ ausgefallen.

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