Stuttgart 21: Bilder des Protests:Pinnwand des Aufstands

Nirgends war der Protest gegen das Milliarden-Projekt Stuttgart 21 kreativer und bissiger als am Bauzaun vor dem Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs. Ein Buch versammelt nun die besten Slogans, Collagen und Karikaturen.

Matthias Kolb

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Nirgends war der Protest gegen das Milliarden-Projekt Stuttgart 21 kreativer und bissiger als am Bauzaun vor dem Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs. Ein Buch versammelt nun die besten Slogans, Collagen und Karikaturen. Er wurde zum Sinnbild des Protests: 125 Meter lang war der Bauzaun, der im August 2010 vor dem Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs errichtet worden war, um dort mit den Abrissarbeiten beginnen zu können. Seither hatten Bürger den Zaun mit Zetteln und Plakaten beklebt und so ihre Kritik an dem umstrittenen Milliarden-Projekt gezeigt. Für viele haben die schwarz-gelbe Landesregierung und die Deutsche Bahn eine ähnliche Weitsicht wie Maulwurf Grabowski aus dem bekannten Kinderbuch. 

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Die überwältigende Mehrheit der angebrachten Zettel waren gegen "Stuttgart 21" gerichtet und sollten entweder die Passanten zum Nachdenken anregen oder diese motivieren, sich selbst an den Demonstrationen zu beteiligen. Hier wurde das bekannte Motiv zur Anwerbung amerikanischer Soldaten auf ziemlich professionelle Weise adaptiert.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Im Zentrum der Kritik steht vor allem Ministerpräsident Stefan Mappus, der auf vielen Bildern verspottet wird. Seine Partei, die CDU, wird unter anderem mit "Club der Umfäller" übersetzt. Dass der VfB Stuttgart momentan am Ende der Bundesligatabelle zu finden ist, passt für viele Schwaben ins Bild.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Dass Mappus lange den Eindruck machte, nicht auf die Argumente der Gegner einzugehen und mit einem Tunnelblick durch die Welt zu laufen, wird hier auf die Schippe genommen.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Doch auch andere Protagonisten wie Bahnchef Rüdiger Grube oder der frühere Ministerpräsident Günther Oettinger stehen in der Kritik. Ihnen wird vorgehalten, sie würden auf Kosten der Steuerzahler ein viel zu teures Projekt vorantreiben. Auf anderen Plakaten wird Grube als strippenziehender "Pate" dargestellt oder es ist von "mafiösen Strukturen" die Rede. Der Jurist Albrecht Götz von Olenhusen, der das Buch herausgegeben hat, betont jedoch: "Keine der Darstellungen am Bauzaun ist justiziabel." Alle Äußerungen und Darstellungen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Viele Zettel und Gedichte widmen sich der Rolle des Stuttgarter Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster. Der CDU-Politiker wurde 1997 erstmals gewählt.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Viele Zettel nehmen die typischen Vorurteile über Schwaben aufs Korn. Aus der Kehrwoche, dem ritualisierten Reinemachen der Treppenhäuser, wird die "UmKehr-Woche" und gern wird der Werbeslogan "Wir können alles außer Hochdeutsch" durch den Kakao gezogen. Ein Stuttgart 21-Gegner schlägt vor: "Wir können alles außer Demokratie."

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Für 30.000 Euro wird der Bauzaun gerade abmontiert: Er soll im Haus der Geschichte Baden-Württemberg restauriert und im Laufe des nächsten Jahres ausgestellt werden. Insgesamt wurden nach ersten Schätzungen 3500 Plakate an der Absperrung angebracht. Wie viele Menschen aus den bürgerlichen Schichten und dem klassischen CDU-Milieu sich an den Protesten beteiligten, verdeutlichen viele Zettel, die auf historische Ereignisse anspielen oder Dichter und Schriftsteller zitieren.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Friedrich Hebbel, der 1863 verstarb, wird als Kronzeuge für gedankliche Flexibilität ...

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

... ebenso angeführt wie der gebürtige Augsburger Bertolt Brecht.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Auch in der Bibel finden die Stuttgart-21-Gegner Argumente gegen das Projekt des Durchgangsbahnhofs. 

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Dieses Zitat eines früheren Landesvaters, der sich eigentlich Carl Eugen von Württemberg schrieb, verspottet die Überheblichkeit der Politiker und Bahn-Vertreter. Andere Zettel spielen auf die Zerstörung der Stuttgarter Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg oder auf die Proteste gegen das Atomkraftwerk Wyhl an - und sollen den Protest gegen Stuttgart 21 in einen breiteren Kontext stellen.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Nach dem rabiaten Polizeieinsatz im Schlossgarten, bei dem Dutzende Demonstranten verletzt wurden, steht wiederum besonders Ministerpräsident Mappus in der Kritik: Viele Projektgegner vermuten, dass der CDU-Politiker die Einsatzleitung gedrängt habe, mit Härte vorzugehen. Dass die Satiriker von "NDR Extra 3" den 44-Jährigen auf die Schippe genommen haben, wird ebenfalls am Bauzaun dokumentiert.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Einige Botschaften richten sich auch an die Polizeibeamten, die bei den Demonstrationen mit mehreren zehntausend Teilnehmern Dienst tun müssen: Sie werden aufgefordert, ebenfalls gegen Stuttgart 21 zu protestieren.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Wie ernst die Anhänger eines Kopfbahnhofs ihren Protest nehmen, zeigen die vielen alten Zitate von Politikern, die am Bauzaun angebracht wurden, um deren Denken zu illustrieren. auf mehreren anderen Zetteln wird auch die genaue Quelle - etwa auf welches Medium man sich beruft - genannt.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Doch auch die Rolle der Journalisten in den örtlichen beziehungsweise regionalen Medien wird auf einigen Plakaten thematisiert.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Eine weitere Karikatur greift Ministerpräsident Stefan Mappus hart an und unterstellt ihm, wenig für die alten Bäume im Schlosspark übrig zu haben. Auf einem anderen Zettel wird MAPPUS provokativ mit "Machtlüstling, Agitator, Provokateur, Parkvernichter, Umweltzerstörer, Sumpfblüte" wiedergegeben.

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(Foto: Gerd Paulus / KEIN & ABER)

Auf einen Termin nehmen viele Plakate Bezug: Am 27. März 2011 wird in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt. Die meisten Stuttgart-21-Gegner wünschen sich wohl eine Niederlage für die schwarz-gelbe Regierung und für Stefan Mappus, den manche ähnlich wie Napoleon auf eine einsame Insel schicken wollen. Der 4. April 2011 wird für den Pforzheimer ein besonderer Tag werden: Mappus wird dann 45 Jahre alt.

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(Foto: KEIN & ABER)

Das von Albrecht Götz von Olenhusen und Gerd Paulus herausgebene Buch OBEN BLEIBEN!!! Manifeste und Bilder des Protests ist im Zürcher Verlag Kein und Aber erschienen. Es ist 208 Seiten stark, kostet 10,00 Euro und enthält Kurztexte von Autoren wie Harry Rowohlt, Klaus Theweleit, Wiglaf Droste und Ludger Lütkehaus.

© Albrecht Götz von Olenhusen - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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