Süddeutsche Zeitung

Sturz der Regierung Prodi:Italien in der Falle

Das Scheitern von Romano Prodis Links-Regierung demonstriert nicht nur die Probleme einer Koalition, sondern die Krise des ganzen Systems.

Stefan Ulrich

Romano Prodis Regierungszeit hat dramatisch begonnen in einer Wahlnacht der Wechselbäder vor knapp zwei Jahren - und dramatisch ging sie jetzt zu Ende. In einer von den traditionellen Tumulten begleiteten Sitzung entzog der Senat in Rom dem Premier am Donnerstagabend das Vertrauen.

Damit stürzt eine Regierung, die von Anfang an wankte und nie genügend Rückhalt genoss, um in Ruhe zu arbeiten. Die Trauer der Italiener über Prodis Abgang wird sich in Grenzen halten.

Doch viele stellen sich die Frage: Wie soll es ein Nachfolger besser machen? Schließlich demonstriert das Scheitern der Links-Regierung nicht nur die Probleme einer Koalition - sondern auch die Krise des ganzen Systems.

Das italienische Wahlrecht erlaubt es kleinsten Parteien, im Parlament zum Mehrheitsbeschaffer zu werden und das ganze Land zu erpressen. Zugleich rückt die Verfassung den Premier eher in die Rolle eines Moderators als eines Machers.

Er verfügt weder über die Richtlinienkompetenz des deutschen Kanzlers noch über die Vollmacht eines französischen Präsidenten. In Reaktion auf das faschistische Regime des Duce war diese Macht-Beschränkung einst sicher sinnvoll. Heute wird sie zum Hemmnis bei jedem Versuch, Italien zu modernisieren.

Wer das Land stabilisieren will, muss daher zuerst dessen Verfassung und Wahlrecht reformieren. Das schafft weder die Linke noch die Rechte allein. Nötig wäre, auf begrenzte Zeit, eine Große Koalition wie in Germania.

Doch diese ließe sich nur mit Oppositionsführer Silvio Berlusconi verwirklichen. Der Cavaliere aber hat sich in der Vergangenheit bereits mehrmals als ein Partner erwiesen, dem nicht getraut werden kann. Italien sitzt in der Falle.

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SZ vom 25.01.2008/jkr
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