Bundeswehr:Mehr als nur ein Gewehr

Bundeswehr: Soldaten mit dem Sturmgewehr "G36"

Soldaten der Bundeswehr tragen im Jahr 2014 bei einem Abschiedsappell Gewehre vom Typ G36.

(Foto: picture alliance / Patrick Seege)

Das G3 ist in der alten Bundesrepublik zu einem Symbol dafür geworden, was der Bürger mit dem Staat und der Staat mit dem Bürger zu tun hatte. Heckler & Koch hat den Herstellungsauftrag jetzt an eine Firma verloren, die arabischen Eignern gehört. Für die braucht es klare Exportregelungen.

Kommentar von Kurt Kister

Selbst in einem relativ friedlichen Land wie der alten Bundesrepublik (West) konnte ein Gewehr zu einem der Symbole dafür werden, was der Bürger mit dem Staat und der Staat mit dem Bürger zu tun hatte. Millionen deutscher Männer (Frauen unterlagen nicht der Wehrpflicht) hantierten über Jahrzehnte hinweg mit dem G3, dem Standardgewehr der Bundeswehr. Es wurde 1959 eingeführt und von 1998 an durch das G36 ersetzt. Beide stammten von der Waffenfirma Heckler & Koch mit Sitz im beschaulichen Oberndorf am Neckar. HK, wie man das Unternehmen abkürzt, war einmal eine dieser westdeutschen Symbolfirmen, die wie BMW und Daimler, Deutsche Bank und Siemens sehr viele kannten.

Das hat sich geändert, nicht nur weil es die Wehrpflicht nicht mehr gibt und die früher weitverbreitete Fähigkeit zum Zerlegen des G3-Verschlusses ebenso obsolet geworden ist wie das Anheizen eines Badeofens oder demnächst das Bedienen eines Faxgeräts. HK hat den einen oder anderen Skandal wegen fragwürdiger Waffenexporte hinter sich; nach Finanzproblemen und Besitzerwechseln hält heute ein französischer Investor mit einer Luxemburger Gesellschaft die Mehrheit an HK. Die im Zeitalter der Globalisierung seltsame Vorstellung, eine Armee solle nach Möglichkeit bei Unternehmen aus dem "eigenen Land" kaufen, trifft auch auf HK nur sehr bedingt zu.

Genauso ist es bei C. G. Haenel, einer in Suhl/Thüringen ansässigen Waffenfirma. Zwar gibt es in Suhl eine lange Tradition in der Produktion von Gewehren, Pistolen und anderem Schießgerät, die sich auch in der DDR in Staatsbetrieben fortgesetzt hat. C. G. Haenel nun ist eine Neugründung aus dem Jahre 2008 und gehört heute über zwei Ecken der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate. Etwas ironisch gesagt, wird also in Zukunft nicht mehr eine französische Firma, sondern ein arabisches Unternehmen das Standardgewehr der Bundeswehr herstellen.

C. G. Haenel hat, nicht nur zur Überraschung von HK, das Rennen um die Ausstattung mit einem neuen Sturmgewehr gewonnen. Bis vor Kurzem galt dies noch als unwahrscheinlich, nicht nur, weil die Bundeswehr fast schon immer mit HK-Gewehren schoss. Hinzu kam, dass die Oberndorfer Chefs lange Jahre ein effizientes Lobbyistennetz unterhielten, dem, angestellt oder als freie Berater, ehemalige Stabsoffiziere und Generale angehörten. In der Waffenbranche klagten die anderen nicht unberechtigt darüber, dass man bei der Bundeswehr gegen HK kaum ein Bein auf den Boden respektive einen größeren Auftrag in die Tasche bekam.

Dies änderte sich allmählich wegen der fragwürdigen Auslandsgeschäfte von HK und drastisch dann im Streit um die Qualität des Gewehrs G36, in dem es zur Konfrontation mit der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kam. Der Beschluss, das G36 zu ersetzen, hing unmittelbar damit zusammen.

Wenn HK nun den Auftrag an die arabischen Thüringer verloren hat, ist dies ein schwerer Schlag für die französischen Oberndorfer - wirtschaftlich wie imagemäßig. Politisch ist es wichtig, dass die Bundesregierung bei der Auftragsvergabe an C. G. Haenel klare Exportregelungen für dieses Gewehr zum Teil der Vereinbarungen macht. Es geht um gut 250 Millionen Euro, sodass der Auftraggeber durchaus Bedingungen stellen kann - auch wenn diese einen politischen Hintergrund und keinen waffentechnischen haben.

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