Studie zur Integration:Einwanderer mögen Deutschkurse

Echte Hilfe oder staatliche Schikane? In Deutschland wird über verpflichtende Integrations- oder Deutschkurse für Einwanderer oft heftig gestritten. Eine Studie zeigt nun, wie Zuwanderer aus Nicht-EU-Staaten diese Eingliederungsmaßnahmen empfinden - und warum eine Einbürgerung für viele uninteressant ist.

Barbara Galaktionow

Müssen Einwanderer Integrationskurse besuchen? Dürfen arbeitslose Migranten mit geringen Sprachkenntnissen von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden, wenn sie sich weigern, Deutsch zu lernen? Wie können und müssen Ausländer eingebunden werden, um der Bildung von sogenannten Parallelgesellschaften vorzubeugen? Darf der Staat dabei auch Zwang ausüben? Über diese Fragen wird in Deutschland heftig gestritten.

Andrang bei Sachsens Sprachschulen

Viele Einwanderer empfinden die Integrationskurse als sehr hilfreich beim Deutsch lernen.

(Foto: dpa)

Eines bleibt dabei allerdings meist außen vor: die Frage, wie Einwanderer selbst die Maßnahmen zu ihrer Integration empfinden. Die sehen die Sache nämlich sehr viel unproblematischer als es in der öffentlichen Diskussion scheint. Das geht aus einer heute veröffentlichten Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration hervor, für die Ausländer aus Nicht-EU-Ländern zu ihren Erfahrungen befragt wurden.

Vor allem verpflichtende Maßnahmen wie Integrationskurse oder Deutschtests für nachziehende Familienangehörige werden demnach "in der Regel positiv bewertet", zeigt der "Immigrant Citizen Survey". Mehr als 90 Prozent der 1220 Einwanderer, die in Stuttgart und Berlin befragt wurden, finden verpflichtende Integrationskurse demnach sehr oder zumindest etwas hilfreich für das Gelingen von Integration. Fast ein Drittel der Befragten hatte selbst einen Integrationskurs besucht oder ist noch dabei.

Ihr Resümee war fast durchweg positiv: Mehr als 95 Prozent von ihnen sagt, die Kurse hätten ihnen geholfen, Grundkenntnisse des Deutschen zu erwerben. Etwa 93 Prozent sehen dadurch ihr Engagement in Deutschland gestärkt. Und jeweils um die 80 Prozent fühlen sich nach dem Kurs mehr zu Hause in ihrer neuen Heimat (83 Prozent) oder finden die Arbeitssuche leichter (75 Prozent).

Arbeit kristallisiert sich insgesamt als wichtiges Mittel zur Integration heraus. 85 Prozent der Zuwanderer, die in Deutschland arbeiten, sind der Studie zufolge der Ansicht, dass ihre Tätigkeit ihren Qualifikationen oder Fertigkeiten entspricht. Die Experten schränken allerdings ein, dass hierbei berücksichtigt werden müsse, dass Ausländer oder Personen mit Migrationshintergrund doppelt so häufig arbeitslos seien wie die Menschen der sogenannten Mehrheitsbevölkerung.

Nur wenige wollen Deutsche werden

Zudem klagten etwa 32 Prozent der Arbeitenden über Arbeitsverträge mit sehr kurzer Dauer. Mehr als 21 Prozent kritisierten Diskriminierungen am Arbeitsmarkt. Von allen Befragten arbeitete etwa die Hälfte, elf Prozent waren arbeitslos. Knapp 14 Prozent gingen zur Schule oder studierten, knapp zwölf Prozent kümmerten sich um Kinder, Ältere oder waren mit Hausarbeit beschäftigt.

Im Gegensatz zur Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt ist der Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft für die meisten Einwanderer kein besonderes Anliegen. Grund dafür ist vor allem die damit oft verbundene Aufgabe der ursprünglichen Staatsbürgerschaft: Mehr als 57 Prozent sind nicht zu diesem Schritt bereit, nur um Deutsche zu werden. 47 Prozent sähen darin auch keinen Vorteil gegenüber ihrem momentanen Aufenthaltsstatus.

Auch die mit einer Staatsbürgerschaft verbundene Möglichkeit, sich über Wahlen in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen, lockt offenbar nur wenige. Zwar würden fast 68 Prozent der Befragten eine höhere Anzahl von Abgeordneten mit Migrationshintergrund begrüßen, weil sie sich von diesen mehr Verständnis für die Belange von Zuwanderern erwarteten.

Doch nur knapp 55 Prozent der Befragten würden an einer Bundestagswahl teilnehmen, wenn sie das Recht zur Stimmabgabe hätten. Die Wahlbereitschaft der Einwanderer liegt bei knapp 55 Prozent - und damit etwa 30 Prozent unter der der Mehrheitsbevölkerung mit deutschen Pass.

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