Studie zum Drogenverhalten Jugendlicher:Komatrinken statt kiffen

Auch wenn laut der aktuellen Studie der Bundesdrogenbeauftragten Bätzing immer weniger Jugendliche Drogen nehmen - Entwarnung kann sie nicht geben: Komasaufen bleibt in.

Elmar Jung und Birgit Kruse

Als Sabine Bätzing den Raum der Bundespressekonferenz betritt, sieht sie noch fröhlicher aus als sonst. Aufrecht ihr Gang, fast schon mit stolzgeschwellter Brust, ein Lächeln auf den Lippen. Und sie sucht den Blickkontakt mit den Medienvertretern, das war nicht immer so. Doch heute ist ein guter Tag für die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, "wir haben gute Nachrichten", sagt sie.

Studie zum Drogenverhalten Jugendlicher: Jugendliche in Deutschland rauchen weniger, viele trinken aber auch weiterhin exzessiv.

Jugendliche in Deutschland rauchen weniger, viele trinken aber auch weiterhin exzessiv.

(Foto: Foto: ddp)

Aus Bätzings Mund war dieser Satz in der Vergangenheit nicht oft zu hören. Zu sehr hatte sie mit der Alkopop-Welle zu kämpfen, diesen zuckersüßen, mit Spirituosen versetzten Getränken, die scheinbar eine ganze Generation Jugendlicher in einen komatösen Alkoholrausch versetzten. Und auch der Siegeszug von Zigaretten und Cannabis schien in den vergangenen Jahren unaufhaltsam zu sein.

Nichtraucheranteil steigt

Um so erleichterter wirkt die SPD-Politikerin, als sie die neuesten Zahlen der Studie "Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung präsentiert, zu der 3000 junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren befragt wurden.

Die Zahlen sind zumindest auf den ersten Blick durchaus bemerkenswert. So sank der Anteil der Raucher bei den 12- bis 17-Jährigen mit nur 15,4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 1979. Damals griffen noch 33,4 Prozent der männlichen und 26,8 Prozent der weiblichen Minderjährigen regelmäßig zur Zigarette. Gleichzeitig stieg der Anteil der Nichtraucher von etwa 40 auf 60 Prozent. Ein Zeichen dafür, dass "die strukturellen und präventiven Maßnahmen der letzten Jahre greifen", sagt Bätzing.

Auch Bayern vermeldet, dass immer weniger Jugendliche im Freistaat rauchen. Das geht aus aktuellen Zahlen des bayerischen Gesundheitsministeriums hervor, die sueddeutsche.de vorliegen. "Bayerns Präventions-Projekte tragen mit dazu bei, dass sich die Zahl der jugendlichen Raucher in den letzten Jahren um über 35.000 verringert hat", sagt Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder. Das ist ein Rückgang um etwa vier Prozent seit 2005.

Von den insgesamt 800.300 Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren rauchen laut Ministerium etwa 90.000 regelmäßig. Das entspricht fast elf Prozent. 2005 gaben noch 125.000 an zu rauchen. "Der Freistaat wird seine Sucht-Präventions-Projekte weiter ausbauen und vernetzen", kündigte Söder an. "Dafür investieren wir in den nächsten drei Jahren rund eine halbe Million Euro."

Das Alter, in dem die Jugendlichen mit dem Rauchen beginnen, hat sich in den vergangenen Jahren indes kaum verändert. Begannen sie 2005 im Durchschnitt noch mit 13,5 Jahren zum Rauchen, liegt das Einstiegsalter heute bei 13,7 Jahren.

Cannabiskonsum geht zurück

Erstmals seit 2004 geht auch der Cannabiskonsum bei Jugendlichen wieder zurück. Nur noch 2,3 Prozent der 12- bis 25-Jährigen gaben an, regelmäßig (mindestens zehnmal pro Jahr) zu kiffen. 2004 waren es noch 3,1 Prozent.

Auch der Anteil derjenigen, die Cannabis mindestens einmal in ihrem Leben probiert haben, ist rückläufig, allerdings auf hohem Niveau. 28,3 Prozent haben schon mal einen Joint geraucht, ein Rückgang von 2,8 Punkten verglichen mit 2004. Allerdings lag der Wert 1979 noch bei 14,1 Prozent.

Negatives gibt es aber auch an diesem Tag zu berichten. So ist der problematische Alkoholkonsum, insbesondere das exzessive Rauschtrinken, immer noch stark verbreitet. "Das bereitet mir Sorgen", sagt Bätzing, und plötzlich verdüstert sich ihre Miene. Auch die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Elisabeth Pott, spricht beim Komasaufen von einem Trend, der ungebrochen ist.

Zwar tranken 2008 nur noch 17,4 Prozent der Minderjährigen einmal pro Woche Alkohol (2004: 21,2 Prozent), "wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir hier zum Großteil von Jugendlichen sprechen, die eigentlich überhaupt keinen Alkohol konsumieren sollten", sagt Pott.

Immer noch erschreckend sei auch die Tatsache, dass 20,4 Prozent der Befragten Minderjährigen angaben, mindestens einmal im vergangenen Monat Komasaufen praktiziert zu haben.

"Wir haben es geschafft"

Besonders verbreitet sei das exzessive Trinken bei männlichen Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren.

Die unverändert schlechte Lage an der Alkohol-Front kann Bätzing an diesem Tag jedoch nicht davon abbringen, ihre Drogenpolitik als Erfolg zu werten. "Wir haben es geschafft", verkündet sie stolz.

Dennoch wolle sie sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen und den Kampf gegen Alkohol- und Drogenmissbrauch mit unverminderter Härte fortsetzen. Spätestens Anfang kommenden Jahres will Bätzing ein nationales Aktionsprogramm zur Alkoholprävention auf den Tisch legen. Dabei geht es unter anderem um eine konsequentere Umsetzung des Jugendschutzgesetzes. Aber auch eine Herabsetzung der Promillegrenze im Straßenverkehr ist im Gespräch.

Maßnahmen wie diese sind nach Ansicht Bätzings dringend nötig, denn: "Was den Alkoholkonsum in der Gesellschaft angeht, liegen wir weltweit immer noch unter den Top Ten."

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