Die Partei zeigt zwei Gesichter, und beide zusammen scheinen für die Alternative für Deutschland (AfD) derzeit zum Erfolg zu führen. Das ist der Befund einer umfangreichen Studie der Otto-Brenner-Stiftung über die AfD in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Vor den Landtagswahlen im Südwesten Deutschlands gebe sich die AfD betont moderat und sehe sich als bürgerlich-konservativ. Zugleich aber setze sie etwa in der Flüchtlingspolitik auf extreme Töne, im Hintergrund würden Hardliner mit Radikalisierungspotenzial das Wort führen. Die Otto-Brenner-Stiftung spricht von einer "Doppelstrategie".
Kurz vor den Landtagswahlen am 13. März kann die AfD auf Rekordergebnisse hoffen. Laut einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks läge die AfD in Sachsen-Anhalt bei 17 Prozent, nur einen Prozentpunkt hinter der SPD und drei hinter der Linken, die beide mit Verlusten rechnen müssten. Die CDU, die in Reiner Haseloff den Ministerpräsidenten stellt, käme auf 32 Prozent.
Für die Studie haben die Autoren vom Göttinger Institut für Demokratieforschung die drei Landesverbände, deren Ausrichtung und Programme analysiert und Gespräche mit Akteuren geführt. Dabei fällt der Unterschied zwischen dem Südwesten und dem Osten auf, wo die AfD eher als "Bewegungspartei" auftrete, die teils völkisch-nationalistisch mobilisiere und provoziere.
Die AfD kann in Sachsen-Anhalt, wie zuvor in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, mit einem besonders guten Ergebnis rechnen. Sie habe dort vergleichsweise wenig Mitglieder. Unter dem Landesvorsitzenden André Poggenburg sei der Landesverband deutlich nach rechts gerückt. Poggenburg gilt als Vertrauter des Thüringer AfD-Landeschefs Björn Höcke. Das Wahlprogramm werde im "Wesentlichen von völkischen, nationalistisch-identitären und rechtspopulistischen Inhalten" getragen, heißt es in der Studie.
Hochgebildete und Gutsituierte dominieren in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg bemühe die Partei sich dagegen unter dem Landesvorsitzenden Jörg Meuthen um ein gemäßigtes Erscheinungsbild. Zugleich seien dort mit der "Patriotischen Plattform" und dem "Pforzheimer Kreis" zwei Formationen des äußersten rechten Randes der AfD besonders stark. Das Spitzenpersonal spiegele das Profil als Professorenpartei wider, wie es noch zu Gründungszeiten als typisch für die AfD galt. Der Landesvorstand "wird von Hochgebildeten und Gutsituierten dominiert", so die Studie. Fünf der 14 Mitglieder hätten promoviert, zwei zudem eine Habilitation vorzuweisen, fast alle ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
Nach der Spaltung der AfD im vergangenen Sommer hatten mit dem Parteigründer Bernd Lucke gerade auch in Baden-Württemberg viele Wirtschaftsliberale die Partei verlassen. Nun kann der Studie zufolge das moderate Profil der Spitze nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch im Südwesten der Exodus der Liberalen Folgen zeitigte. Die Studie verweist etwa auf eine für "schrille Töne und rabiate Positionen" bekannte stellvertretende Landessprecherin, die bei ihrer Bewerbungsrede vor einer "immer stärkeren Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils" und einem "schleichenden Genozid" an den Deutschen gewarnt habe.
Bei der AfD in Rheinland-Pfalz ist der Tonfall ihres Wahlprogramms "weithin unaufgeregt und sachlich" gehalten. Der Landesvorsitzende Uwe Junge bemühe sich "um Seriosität, vermeidet provozierende Vokabeln". Je nach Publikum verstehe Junge es aber, "souverän zwischen verschiedenen Tonlagen zu changieren". Der Landesvorsitzende spreche unter medialer Beobachtung moderat und zurückgenommen, wisse jedoch auch polemisch-aggressive und unverhohlen rechtspopulistische Töne anzuschlagen. Dabei würden die bürgerlich-gemäßigte Selbstdarstellung und das betont zurückhaltende Wahlprogramm der Partei im Wahlkampf von zunehmend schrofferen Abgrenzungen und einer schärferen Rhetorik, besonders in Fragen der Asyl- und Zuwanderungspolitik, konterkariert.