Pflege:Studie: Viele Insolvenzen und Schließungen in der Pflege

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Seit Jahren klagen Pflegekräfte über die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen. (Foto: Marijan Murat/DPA)

Seit Anfang 2023 sind fast 1100 Einrichtungen vom Markt verschwunden oder haben ihr Angebot eingeschränkt, wie eine Auswertung zeigt. Fachleute warnen vor einer Versorgungskrise.

Von Rainer Stadler

Die Pflegebranche ist schon länger ein verlässlicher Produzent schlechter Nachrichten, die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Der Arbeitgeberverband Pflege hat nun eine Auswertung vorgelegt, wonach seit Januar 2023 fast 1100 Pflegeeinrichtungen in Deutschland geschlossen, Insolvenz angemeldet oder ihr Angebot heruntergefahren haben. Der Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP), Thomas Greiner, spricht von einer „bundesweiten Versorgungskrise“. Tatsächlich kommt der Schwund zur Unzeit, das Statistische Bundesamt prognostiziert, die Zahl der Pflegebedürftigen werde in den kommenden 20 Jahren um 1,8 Millionen zunehmen. Und schon jetzt fehlen Plätze in den Einrichtungen.

Überraschend ist die Entwicklung nicht. Caritas und Diakonie, zwei der größten Betreiber von Pflegeeinrichtungen des Landes, warnten bereits vergangenes Jahr vor einer Zunahme der Insolvenzen und dem Kollaps der stationären Pflege. Die Gründe sind vielfältig, die Probleme haben sich seit der Pandemie weiter verschärft. Wie die Kliniken leiden auch die Pflegeeinrichtungen unter den Folgen der Inflation, insbesondere den gestiegenen Energiekosten. Auch die Ausgaben für die Gehälter der Beschäftigten haben nach den jüngsten Tarifabschlüssen deutlich zugenommen.

Pflegebedürftige müssen derzeit im Schnitt monatlich 2871 Euro zuzahlen

Natürlich versuchen die Einrichtungen, diese Kosten auch an ihre Bewohnerinnen und Bewohner weiterzugeben. Der Verband der Ersatzkosten errechnete Anfang Juli, dass deren Eigenanteil einen neuen Höchststand erreicht habe. Die Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten für die Unterbringung ab, Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen müssen derzeit im Schnitt monatlich 2871 Euro zuzahlen. Das überfordert viele, sie benötigen Unterstützung vom Sozialamt. Die Träger der Einrichtungen beklagen, es vergingen oft Wochen und Monate, bis die entsprechenden Anträge von den Ämtern geprüft und genehmigt sind. Die Einrichtungen müssten in dieser Zeit in Vorkasse gehen.

Das verschärft die ohnehin prekäre Situation vieler Heime und ambulanter Dienste. Zunehmend fehlt Personal in der Pflege, dabei müssten laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts in den kommenden Jahren Hunderttausende Pflegekräfte dazukommen, um den Bedarf zu decken, der sich aus dem demografischen Wandel der Bevölkerung ergibt. Doch schon jetzt sehen sich viele Häuser gezwungen, Betten und Zimmer leer stehen zu lassen, weil sie nicht genug Beschäftigte finden, um die Bewohnerinnen und Bewohner zu versorgen.

Der Krankenstand in der Altenpflege ist so hoch wie in keinem anderen Beruf

Zudem klagen Pflegekräfte seit Jahren über die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen. Der Krankenstand in der Altenpflege ist so hoch wie in keinem anderen Beruf, viele Beschäftigte haben der Pflege den Rücken gekehrt. Mit der Folge, dass sich das verbleibende Personal um noch mehr Pflegebedürftige kümmern muss. Die Verantwortlichen in Politik und Pflegebranche haben bisher keinen Ausweg aus dieser Abwärtsspirale gefunden.

Paradoxerweise werden trotz des offensichtlichen Mangels weiter neue Einrichtungen geplant und eröffnet. Zahlen des Statistischen Bundesamts zufolge, die allerdings nur bis zum Jahr 2021 reichen, ist die Zahl der Pflegeheime und ambulanten Dienste kontinuierlich gestiegen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie des AGVP sind daher wohl auch mit einem Verdrängungswettbewerb zu erklären, der auf dem Pflegemarkt stattfindet. Er trifft vor allem die kleinen und mittleren Anbieter von Pflegeleistungen. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass dieser Markt auch in den kommenden Jahren nicht nur von der Nachfrage nach Heimplätzen und ambulanter Versorgung bestimmt sein wird, sondern von dem immer knapperen Angebot an Pflegekräften.

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