Studie:Das Leid der Helfer

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Pfleger lieben ihren Job - und doch sind viele frustriert, die Arbeitsbelastung hat zuletzt auch noch zugenommen. Die Entfremdung in den Heimen und Kliniken beginnt früh: Jeder dritte Auszubildende will später etwas anderes machen.

Von Kim Björn Becker, München

Viele Pflegekräfte in Deutschland sind stolz auf ihren Beruf, leiden aber unter den oft schlechten Arbeitsbedingungen. Das geht aus einer Umfrage unter 4500 Pflegern hervor, welche die Grünen-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Scharfenberg erstellt hat. Demnach geben 85 Prozent der Befragten an, dass sie stolz auf ihre Arbeit seien. Nur sieben Prozent verneinten die Frage, acht Prozent waren unentschlossen. Vor allem die hohe Verantwortung sowie das Gefühl, gebraucht zu werden, motivieren die Pflegekräfte.

Zugleich sind aber fast zwei Drittel von ihnen mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden. Sie rügen vor allem, dass sie unter hohem Zeitdruck arbeiten müssen und dass für die erforderliche Arbeit zu wenig Personal zur Verfügung steht. Daher würden die Pfleger sich mehrheitlich nicht wieder für den Beruf entscheiden, sagen sie. Vor allem im Krankenhaus ist die Frustration offenbar besonders groß. Auch würden Pfleger jungen Menschen nach eigenem Bekunden eher davon abraten, diesen Beruf zu ergreifen.

Die Entfremdung beginnt früh: Jeder dritte Auszubildende will später etwas anderes machen

Besonders skeptisch stehen die Pflegekräfte den jüngsten Entwicklungen in der Branche gegenüber. So sagten 93 Prozent aller Befragten, dass die Arbeitsbelastung in den vergangenen zwei Jahren gestiegen sei. Mehr als drei Viertel aller Befragten können sich nicht vorstellen, ihren Job bis zur Rente zu machen. Als Hauptgrund gilt die körperliche Belastung, gefolgt von Personalmangel und einer geringen Zufriedenheit mit dem Gehalt. Viele verlieren sogar bereits während der Ausbildung die Lust an der Pflege - jeder Dritte gab an, den Beruf nach dem Abschluss gar nicht erst ergreifen zu wollen.

Dies seien "Alarmzeichen", sagt die Pflegepolitikerin Scharfenberg. Sie fordert, dass in Heimen und Kliniken mehr Personal eingesetzt werden müsse, damit die einzelnen Pfleger nicht so sehr unter Druck gesetzt werden. "Wir brauchen endlich ein bundesweit verbindliches Personalbemessungsinstrument, das klar anzeigt, wie viel Personal wie viele Personen umsorgen soll und kann", sagt sie. Auch eine Reform der Ausbildung sei wichtig, um junge Menschen im Beruf zu halten. Die derzeit stockenden Versuche der Bundesregierung, die bisherigen drei Ausbildungsgänge zu einem einheitlichen Programm zusammenzubinden, halte sie für "ungeeignet", sagt Scharfenberg. Die sogenannte Generalistik führe "zum Verlust von Fachwissen".

Bereits im Januar hat das Bundeskabinett in Berlin die von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegte Reform der Pflegeausbildung beschlossen. Derzeit befindet sich das Gesetz im Bundestag, wo es ursprünglich noch vor Beginn der Sommerpause verabschiedet werden sollte. Bislang ist jedoch kein Kompromiss zwischen Befürwortern und Gegnern in Sicht. Ob die Reform noch in dieser Legislatur in Kraft tritt, ist offen.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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