Studie:Ausländerfeindlichkeit weiter verbreitet als vermutet

Forscher der Universität Leipzig haben in Deutschland eine weit verbreitete Ausländerfeindlichkeit und eine "alarmierende" Geringschätzung der Demokratie festgestellt.

Rechtsextreme Einstellungen finden sich in Deutschland häufig - und dies in unterschiedlichen sozialen Gruppen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch in Berlin vorgestellte Untersuchung der Universität Leipzig.

Als Konsequenz aus der Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung plädierten die Wissenschaftler für eine "sensible Erinnerungskultur" bezüglich der deutschen NS-Vergangenheit und für mehr gesellschaftliche Teilnahmemöglichkeiten insbesondere für Migranten und bildungsferne Bevölkerungsschichten.

Mit ihrer neuen Studie knüpfen die Leipziger Forscher an eine 2006 veröffentlichte Repräsentativbefragung an, für die sie seinerzeit mehr als 5000 Deutsche befragt hatten. Diese erste Untersuchung ergab, dass rechtsextreme Einstellungen kein Randphänomen, sondern in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt sind.

26,7 Prozent der Befragten stimmten damals ausländerfeindlichen Thesen zu. Neun Prozent gaben an, sie betrachteten die Diktatur als die unter Umständen bessere Staatsform. 15,2 Prozent sehnten sich nach einem "Führer" mit starker Hand, 26 Prozent nach einer einzigen Partei, von der die "Volksgemeinschaft" verkörpert werde.

Für ihre aktuelle Untersuchung führten die Wissenschaftler nun mit 60 der damals Befragten insgesamt zwölf Gruppendiskussionen. Die Teilnehmer stammten aus unterschiedlichen sozialen Schichten, Generationen und Berufszweigen.

Bei den Gesprächen stellten die Leipziger Forscher unter Leitung von Elmar Brähler und Oliver Decker nach eigenen Angaben fest, dass ausländerfeindliche Ressentiments "mit besorgniserregender Selbstverständlichkeit" formuliert wurden - auch von Menschen, die in der ersten Studie nicht durch rechtsextreme Äußerungen aufgefallen waren. Auch verzeichneten die Forscher in den Diskussionen eine "alarmierende Geringschätzung des demokratischen Systems".

Demokratie werde weitgehend nur als Garant von individuellem Wohlstand akzeptiert. Zugleich empfanden die Gesprächsteilnehmer einen "hohen gesellschaftlichen Normierungsdruck", verbunden mit der Zustimmung zu Sanktionen für abweichenden Verhalten.

Dadurch würden besonders Migranten und Arbeitslose gesellschaftlich ausgegrenzt, warnten die Wissenschaftler. Von großer Bedeutung bei der Entstehung rechtsextremer Einstellungen sei zudem der Umgang mit der NS-Vergangenheit: Eine Verweigerung der Auseinandersetzung mit der Nazi-Diktatur befördere rechtsextreme Einstellungen.

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