Strenge Regeln für Flüchtlinge:Schweiz streitet über Schwimmbadverbot für Asylbewerber

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Hier dürfen sich die Asylbewerber aufhalten: die zentrale Auffangstation in Bremgarten. (Foto: dpa)

Vom Fußballplatz oder den beliebten "Badis" sollen sich Asylbewerber fernhalten - zumindest in großen Gruppen. Die Schweizer Kleinstadt Bremgarten stellt Beschränkungen für Flüchtlinge auf und löst damit eine nationale Debatte aus.

Von Wolfgang Koydl, Zürich

Der Sommer ist heiß, und auch die Schweizer besuchen an solchen Tropentagen gerne die Freibäder. Da ist es verständlich, dass sich die jüngste Debatte um Asylbewerber in der Eidgenossenschaft an den sogenannten Badis entzündete. Denn Schwimmbäder, so berichtete es jedenfalls ein Teil der Presse, sollten für Asylsuchende tabu sein, ebenso Sportanlagen, Kirchplätze oder Bibliotheken.

Inzwischen hat sich die Aufregung ein wenig gelegt, zum einen, weil nicht alles stimmte, was man lesen konnte, zum anderen, weil die strenge Hausordnung nicht flächendeckend für das ganze Land gilt, sondern lediglich für eine Asylbewerberunterkunft in der Gemeinde Bremgarten im Kanton Aargau. Hier hat vor Kurzem die erste vom Bund betriebene Unterkunft ihre Tore geöffnet. Die ersten 23 Personen aus Eritrea, Tibet, Sri Lanka und dem Sudan sind eingetroffen; insgesamt gibt es Platz für 130 Menschen.

Weitere zentrale Auffangstationen sind geplant. Nach den Bestimmungen des revidierten Asylgesetzes werden sich die Asylbewerber höchstens acht Wochen dort aufhalten; bis dahin soll über ihre Anträge entschieden worden sein. Während ihres Aufenthaltes bekommen sie drei Franken Taschengeld am Tag; sie können zu Arbeiten - etwa beim Aufräumen im Wald oder in Bachbetten - herangezogen werden.

Die Suche nach geeigneten Standorten für diese Bundeszentren erweist sich freilich als schwierig, da die Bewohner der betroffenen Gemeinden häufig Vorbehalte anmelden. Um auf diese Ängste einzugehen, hat die Kleinstadt Bremgarten mit ihren 6500 Einwohnern in Absprache mit dem Bundesamt für Migration (BfM) in Bern Regeln für die Bewohner der Unterkunft formuliert. Die Zürcher Menschenrechtsgruppe Augenauf hatte an ihnen Anstoß genommen und dagegen protestiert. Kommende Woche werden ihre Einwände in Bern diskutiert.

Keine No-go-Zonen

Besondere Bestimmungen gelten in Bremgarten für Sport- und Badeanlagen sowie für Schulen, Alters- und Behindertenheime. Diese "sensiblen Zonen", von denen sich Asylbewerber fernhalten sollten, würden "im Interesse des guten Zusammenlebens zwischen Bevölkerung und Asylsuchenden definiert", erklärte Urs von Daeniken, der Projektleiter für Bundesunterkünfte beim BfM.

Laut Mario Gattiker, dem Chef des BfM, handelt es sich aber grundsätzlich nicht um absolute No-go-Zonen. Man wolle nur verhindern, dass "50 Asylbewerber gleichzeitig auf den Fußballplatz oder in die Badi" gingen. Denn das könne zu "Friktionen und Ressentiments" führen. Für Kirchplätze und Bibliotheken gebe es ohnehin keine Verbote, wie irrtümlich berichtet worden sei.

Gattiker plädierte für die Einhaltung von "Spielregeln, damit das Zusammenleben zwischen Asylbewerbern und der Bevölkerung geordnet und möglichst konfliktfrei abläuft". Das gelte besonders in Orten, die zum ersten Mal viele Asylsuchende beherbergten. "Da ist es doch völlig normal, dass wir auch den Bedenken und Anliegen der lokalen Bevölkerung Rechnung tragen."

Bislang wurden Asylbewerberunterkünfte von den Kantonen betrieben. Die Hausordnungen und Reglements indes unterliegen den Gemeinden, auf deren Territorium sie sich befinden. So hat beispielsweise die rot-grüne Stadtratsmehrheit von Zürich für ein neues Asyl-Testzentrum Beschränkungen für dessen Bewohner ausgeschlossen.

© SZ vom 08.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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