Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen kann sehr nett sein. Sie kann aber auch sehr unnett sein, wenn sie ihre Interessen durchsetzen will. Die Jüngste im Kabinett, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, hat mit diesem Charakterzug der einflussreichsten Unions-Frau nach Angela Merkel bereits sehr persönliche Erfahrungen gesammelt.
Das Verhältnis der beiden gilt deshalb, wohlwollend formuliert, als nicht ganz unkompliziert. Nun gibt es eine neue Fehde zwischen den Ministerinnen: Es geht darum, wer bei ihrem alten Streitthema Frauenquote in Unternehmen die Federführung haben soll.
Dass Politiker sich Briefe schicken, ist nichts Ungewöhnliches. Das Schreiben aus dem Hause Schröder, das im Mai an einen der engsten Vertrauten von der Leyens ging, Staatssekretär Gerd Hoofe, und das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist aber ziemlich ungewöhnlich: Darin beklagt der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Josef Hecken, dass das Bundesarbeitsministerium (BMAS) am 27. Juni eine Veranstaltung "Frauen in Führungspositionen" plane, an der sowohl von der Leyen als auch ihre Verbündete im Kampf um eine gesetzliche Frauenquote, EU-Justizkommissarin Viviane Reding, teilnehmen sollten - ausgerechnet in der Zeit, in der Schröder ihr erstes Kind erwartet.
"Gestatten Sie mir", schreibt Hecken, "dass ich meine große Verwunderung darüber zum Ausdruck bringe, dass das BMAS eine Veranstaltung zu diesem Themenfeld durchzuführen gedenkt." Er erinnert daran, dass das Thema Frauenquote "unzweifelhaft nicht federführend in Ihrem Haus ressortiert".
Hecken warnt davor, dass unnötige öffentliche Diskussionen "ein ungutes Bild fehlender Geschlossenheit sowohl der Regierung wie auch der Koalition" vermittelten, was der vereinbarten Suche nach einer gemeinsamen Lösung nur schaden könne. Und teilt dann lapidar mit, dass sein Ministerium an der Veranstaltung nicht teilnehmen werde. "Dies gilt umso mehr, als die einzig angemessene Vertretung auf Leitungsebene (...) Frau Bundesministerin Dr. Schröder wäre, die aber zu diesem Zeitpunkt - wie seit Monaten allgemein bekannt - im Mutterschutz ist."
Von der Leyen hatte beim Streit um die Frauenquote mustergültig vorgeführt, wie Politiker ein Thema an sich reißen können. Ende Januar verkündete sie, dass die freiwillige Vereinbarung mit der Privatwirtschaft, mehr Frauen in Führungspositionen zu beschäftigen, "krachend gescheitert" sei. Das brachte ihr viele Schlagzeilen.
Schröder, die flexiblere Regeln für die Firmen favorisiert, sah dagegen zumindest so lange ziemlich blass aus, bis die Kanzlerin ein Machtwort sprach. Es war nicht das erste Mal, dass die Arbeitsministerin ihrer Kollegin die Schau stahl. Schon vorher hatte es handfesten Streit gegeben, als Schröder es wagte, Zweifel an von der Leyens Vision von einer Bildungs-Chipkarte für Hartz-IV-Kinder zu äußern.
Inwieweit das geharnischte Schreiben des Familienministeriums Folgen hatte, ist eine Sache der Interpretation. Im Hause von der Leyens heißt es, das Ministerium habe gar keine Veranstaltung geplant.
Es handle sich vielmehr um eine Einladung der Unionsfrauen zu einem Treffen, bei dem sowohl EU-Kommissarin Reding wie auch Bundesarbeitsministerin von der Leyen sprechen würden. Es kann aber auch gut sein, dass der Termin nachträglich eine Ebene niedriger gehängt wurde. Womöglich trug dazu bei, dass eine Kopie des Briefs an das Bundeskanzleramt ging.