Süddeutsche Zeitung

Streit zwischen Indien und USA:Die Diplomatin und ihr Hausmädchen

Hat die indische Vize-Konsulin in New York ihre Haushälterin wie eine Sklavin behandelt? Oder ist Devyani Khobragade Opfer eines CIA-Komplotts? Der Fall der jungen Frau sorgt in Indien für riesigen Wirbel und belastet die bilateralen Beziehungen so sehr, dass sich nun sogar US-Außenminister Kerry einschaltet.

Von Tobias Matern

Die Frau als Opfer eines CIA-Komplotts? Chancenlos gegen amerikanisches Großmachtgehabe? Oder ist sie doch eine skrupellose Ausbeuterin, die ihr Personal wie Sklaven hält? Die Meinungen über Devyani Khobragade gehen weit auseinander. Fest steht: Ihr Fall hat sich hochgeschaukelt und stürzt das amerikanisch-indische Verhältnis in arge Turbulenzen. Es geht um Ehre und Respekt. Für das aufstrebende Indien ist die Causa Grund genug, sich mit den USA anzulegen.

Khobragade, 39, ist in Mumbai in eine Familie von Dalits geboren worden, die am unteren Ende der Gesellschaft stehen. Umso beeindruckender ist ihr Karriereweg. Nach dem Medizinstudium entschied sich die Tochter eines Beamten lieber für den diplomatischen Dienst als für den Arztkittel. Sie hat sich hoch gearbeitet bis zur indischen Vize-Konsulin in New York.

Doch die erfahrene Diplomatin soll, so der Vorwurf der US-Behörden, ein Visums-Formular für ihre Haushaltshilfe frisiert und die Landsfrau unter dem vorgeschriebenen Mindestlohn bezahlt haben: Statt der angegebenen 4500 Dollar habe die Angestellte nur 573 Dollar im Monat erhalten.

Allein für das mutmaßliche Visa-Vergehen könnte Khobragade nach US-Gesetzeslage eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren aufgebrummt bekommen. Die Polizei nahm die junge Frau fest und unterzog sie einer Leibesvisitation. Erst gegen Zahlung einer Kaution von 250.000 Dollar kam Khobragade wieder auf freien Fuß.

Die Mutter zweier Kinder, die mit einem Amerikaner verheiratet ist, dementiert die Vorwürfe. Sie weiß nicht nur ihre Regierung, sondern auch eine empörte Öffentlichkeit in der Heimat hinter sich. Zwar sagte der Ehemann der Haushaltshilfe vor einem Gericht in Delhi aus, seine Frau habe in "sklavenähnlichen Verhältnissen" für die Diplomatin arbeiten müssen - täglich von sechs bis 23 Uhr.

Doch dieser Teil der Geschichte findet in Indien wenig Aufmerksamkeit. Die Zeitungen berichten ausgiebig über den Gegenschlag des Auswärtigen Dienstes, der sich mit "Uncle Sam" anlege. So entfernten die Behörden Straßensperren vor der US-Botschaft und stuften die Immunität amerikanischer Diplomaten herunter. Ehepartner und Kinder der US-Gesandten hätten nun weniger Privilegien, stellte ein Regierungsvertreter klar.

US-Außenminister John Kerry sah sich genötigt, Stellung zu beziehen - zu wichtig ist Indien als strategischer Partner in Asien für die USA. Er bedauere die Verhaftung der Diplomatin, sagte Kerry, vermied indes die von Delhi geforderte Entschuldigung. Washington stellte aber auch klar: Die Anschuldigungen gegen Khobragade werden nicht fallengelassen.

Delhi hat die Diplomatin nun in die New Yorker Vertretung bei den UN befördert. Offenbar sollen so ihre Rechte in dem Justizverfahren gestärkt werden. Dem müssen die US-Behörden allerdings noch zustimmen. Der Fall Khobragade bleibt eine schwere Belastungsprobe für das Verhältnis zwischen Indien und den USA.

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SZ vom 30.12.2013/bavo
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