Streit um Stuttgart 21:Kretschmann keilt zurück

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann reagiert auf die Attacken von Bahnchef Rüdiger Grube. Er wirft dem Unternehmen vor, den Schlichterspruch zu Stuttgart 21 zu missachten. Demnach soll der Stresstest zeigen, ob der geplante Tiefbahnhof "überhaupt funktioniert" - bis dahin müssten die Bauarbeiten ruhen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat der Bahn einen Bruch der Stuttgart-21-Schlichtung vorgeworfen. Laut Schlichterspruch werde erst der Stresstest zeigen, ob der geplante Tiefbahnhof "überhaupt funktioniert", sagte Kretschmann dem Südwestrundfunk (SWR2). Daher müssten bis zur Bekanntgabe der Testergebnisse die Bauarbeiten ruhen. Nach mehr als zwei Monaten Pause hatte die Bahn am vergangenen Dienstag die Arbeiten zur Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs wieder aufgenommen.

Die Ergebnisse des Stresstests zur Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs werden am 14. Juli präsentiert. "Dass man bis dahin nicht weiter macht, ergibt sich eigentlich aus der Logik dieses Vorgangs", sagte Kretschmann. "Insofern verhält sich die Bahn nicht vernünftig und nicht wirklich dementsprechend, worauf sie sich eingelassen hat, auf die Schlichtung. Die ist erst zu Ende, wenn der Stresstest gemacht wurde." Der Test könnte ergeben, dass erhebliche Nachbesserungen nötig seien, betonte Kretschmann: "Dann besteht eine Chance, dass das Projekt fällt, wenn es sehr viel teurer wird."

Aus Sicht des Stuttgart-21-Schlichters Heiner Geißler wird dagegen am 14. Juli nicht noch einmal über das Für oder Wider des gesamten Projekts diskutiert. "Es geht diesmal nicht mehr um ein grundsätzliches Pro und Kontra zu Stuttgart 21, sondern um eine Bewertung der Ergebnisse des Stresstests", sagte Geißler der Stuttgarter Zeitung. Der 81-Jährige moderiert die Debatte über die Ergebnisse.

In seinem Schlichterspruch hatte sich Geißler für den Bau einer verbesserten Version des Milliardenprojekts ausgesprochen. Für den von ihm angeordneten Stresstest stellt er aber Bedingungen: Die Grundlagen des Tests müssten in beiderseitigem Einvernehmen zustande gekommen sein. Außerdem müsse die Bahn frühzeitig und transparent über die Ergebnisse informieren. Einen kompletten Baustopp bis zur Bekanntgabe des Stresstest-Ergebnisses hatte Geißler nicht verlangt. Allerdings dürfe die Bahn nur Maßnahmen angehen, die dem Ergebnis nicht vorgreifen.

Konkret heißt das: Es muss zum Beispiel noch möglich sein, ein neuntes und zehntes Gleis zu bauen, wenn sich das aus dem Stresstest ergibt. Auch für den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist ein Aus des Projekts weiterhin möglich. Der Stresstest könne beispielsweise ergeben, dass der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro überstiegen wird. Auch die deutlich größere Wasserentnahme in der Nähe der Baustelle könne eine zusätzliche Hürde darstellen, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag.

Kretschmann kritisierte im SWR-Interview den Bahnchef Rüdiger Grube, der dem Land indirekt mit einer Klage gedroht hatte. Grubes Tonlage sei unangemessen. "Und ich finde, der Chef eines Unternehmens in öffentlicher Hand sollte nicht Debatten führen, die vielleicht politische Parteien in Wahlkämpfen führen, aber nicht ein Unternehmen mit einer Landesregierung." Bisher ist geplant, den Projektpartnern die Auswertung des Stresstests am 11. Juli zur Verfügung zu stellen. "Die Bahn muss schauen, dass die betroffenen Seiten rechtzeitig informiert werden. Die Beteiligten müssen ausreichend Zeit bekommen, zwei Tage sind zu wenig", sagte Geißler. Je nach dem Testergebnis seien die Projektträger verpflichtet, alle Ergänzungen der Bahninfrastruktur vor der Inbetriebnahme von S21 zu realisieren.

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