Streit um Leitung:Knabe darf in Gedenkstätte Hohenschönhausen nicht weiterarbeiten

Hubertus Knabe, Gedenkstätte Hohenschönhausen

Umstrittene Rückkehr: Hubertus Knabe wird von einer Frau mit einem Blumenstrauß begrüßt, als er am Montag seine Arbeit in der Gedenkstätte Hohenschönhausen wieder aufnehmen will.

(Foto: dpa)
  • Das Landgericht Berlin hat am Montag entschieden, dass Hubertus Knabe vorerst doch nicht als Leiter der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen weiterarbeiten darf.
  • Trotz seiner Abberufung als Vorstand und Direktor ließ sich Knabe an diesem Montag seine Büroschlüssel aushändigen.
  • Der Stiftungsrat hatte das durch eine Entscheidung in einer Sondersitzung am Sonntagabend zu verhindern versucht.
  • Knabe bestreitet Vorwürfe, wonach er nicht vehement genug gegen sexuelle Übergriffe in der Gedenkstätte vorgegangen ist.

Der abgesetzte Leiter der Berliner Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, darf nun vorerst doch nicht in seinem bisherigen Aufgabenbereich tätig werden. Das Landgericht Berlin kassierte am Montag eine einstweilige Verfügung.

Am Donnerstag hatte es entschieden, Knabe mit sofortiger Wirkung wieder als Gedenkstättendirektor einzusetzen und die Geschäfte der Stiftung vorläufig weiterführen zu lassen. Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) legte daraufhin Widerspruch ein.

Der Stiftungsrat der Gedenkstätte berief Knabe am Sonntagabend mit sofortiger Wirkung als Vorstand und Direktor der Gedenkstätte ab. Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa hatte nach der Sitzung des Stiftungsrats am Sonntag mitgeteilt, das Vertrauensverhältnis zwischen Stiftungsrat und Vorstand sei in einem Maße zerrüttet, "das die weitere Wahrnehmung des Amts als Vorstand durch Herrn Dr. Hubertus Knabe ausschließt".

Am Montagmorgen war Knabe trotzdem an der Gedenkstätte erschienen. Dem Berliner Tagesspiegel zufolge legte er ein Gerichtsdokument vor und ließ sich die Schlüssel zu seinem Büro aushändigen. Knabe trotzt damit einer Entscheidung des Stiftungsrats der Gedenkstätte in dem früheren Stasi-Gefängnis. Dieser hatte Knabe am Sonntagabend mit sofortiger Wirkung als Vorstand und Direktor abberufen.

Vertreter von Opferverbänden begrüßten den Rückkehrer mit Blumen, bevor Knabe die Gedenkstätte betrat, um an seinen Schreibtisch zurückzukehren. Die Unterstützer mutmaßten, Knabes Arbeit sei politisch nicht erwünscht. "Es ist für mich sehr wichtig zu wissen, dass die Opfer, für die ich mich fast 20 Jahre eingesetzt habe, auch hinter mir stehen", sagte Knabe. Nach Informationen des Tagesspiegels sollte es am Montagvormittag eine Mitarbeiterversammlung in der Gedenkstätte geben.

Nach Ansicht der Senatsverwaltung hätte Knabe nach der Abberufung am Montag nicht zu seiner Arbeit zurückkehren dürfen. Denn die Abberufungs-Entscheidung gehe über die im September erklärte Kündigung Knabes sowie seine Freistellung hinaus, wie Sprecher Daniel Bartsch am Sonntagabend der Nachrichtenagentur dpa sagte. Er sei als Direktor gekündigt worden, nun aber auch als Vorstand mit sofortiger Wirkung abberufen worden.

Knabe bestreitet Klima der Angst

Nach der Untersuchung der Zustände und der Führungskultur in der Gedenkstätte stellte der Stiftungsrat am Sonntag dem Tagesspiegel zufolge fest, dass Knabe Rechtsverstöße und damit Pflichtverletzungen als Vorstand begangen haben soll. Der Stiftungsrat hatte Knabe zum 31. März 2019 entlassen und ihn bis dahin freigestellt. Grund dafür war, dass er nicht genug dagegen getan haben soll, dass sein Stellvertreter über Jahre hinweg Frauen sexuell belästigt haben soll.

Dem Tagesspiegel zufolge wies Knabe am Montag die Anschuldigungen zurück, er habe die Übergriffe geduldet. Das Gegenteil sei der Fall. Zudem bestritt er, dass in der Gedenkstätte ein Klima der Angst geherrscht habe. Knabe kritisierte, dass er bislang nicht darüber informiert worden sei, welche Frauen sich belästigt gefühlt hätten.

Knabe äußerte sich am Wochenende überzeugt, auf seinen Posten zurückkehren zu können. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er am Sonntagmorgen noch vor der Entscheidung des Stiftungsrats: "Ich freue mich, dass ich mich ab Montag wieder meiner Lebensaufgabe widmen kann: der Aufarbeitung des in der DDR begangenen Unrechts."

Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der dem Stiftungsrat vorsteht, will Knabes Rückkehr nicht akzeptieren. Er ließ am Montag Widerspruch beim Landgericht einlegen, wie er dem Tagesspiegel sagte. Bis zu einer Entscheidung könne Knabe sein Büro betreten, sagte Lederer. "Ich werde jetzt im Interesse der Gedenkstätte größtmögliche Gelassenheit an den Tag legen."

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