Süddeutsche Zeitung

Streit um Kriegsschuld:Putin verurteilt Hitler-Stalin-Pakt

Im Geschichtsstreit zwischen Polen und Russland versucht Wladimir Putin nun, die Wogen zu glätten - und gibt dem Westen Mitschuld an Hitlers Angriff.

Nach einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Russland und Polen um die Mitschuld am Zweiten Weltkrieg hat der russische Ministerpräsident Wladimir Putin nun gegenüber Warschau versöhnlichere Töne angeschlagen. Er nannte den Hitler-Stalin-Pakt "unmoralisch", ein Zugeständnis an die polnische Regierung.

"Der im August 1939 geschlossene Molotow-Ribbentrop-Pakt kann ohne jeden Zweifel mit voller Begründung verurteilt werden", schrieb Putin in einem Namensbeitrag für die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza. Er erinnerte daran, dass der Kongress der Volksdeputierten den "unmoralischen Charakter" dieser Vereinbarung schon im Dezember 1989 "eindeutig" bewertet habe.

Vorwurf an "westliche Demokratien"

Putin wird an diesem Dienstag auf der polnischen Westerplatte an den Feiern zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs teilnehmen. Im Vorfeld dieses Gedenktages hatten russische Medien Polen vorgeworfen, mit Hitler-Deutschland gegen die Sowjetunion zusammengearbeitet zu haben.

In der Gazeta Wyborcza beschuldigte Putin gleichzeitig die "westlichen Demokratien", eine Verständigung mit Hitler gesucht zu haben, um seine Aggression gegen den Osten Europas zu lenken. Frankreich und Großbritannien hätten schon im Münchner Abkommen von 1938 alle Hoffnungen auf Gründung einer gemeinsamen Kampffront mit Russland gegen den Faschismus zerstört, schrieb Putin.

Putin betonte, die russische Nation verstehe die Gefühle der Polen in Bezug auf das Massaker von Katyn. In dem westrussischen Ort waren rund 15 000 polnische Offiziere im Frühjahr 1940 auf Stalins Befehl ermordet worden.

Polen und Russland sollten gemeinsam der Opfer des Verbrechens gedenken, so Putin.

Die Reaktionen im politischen Polen sind positiv: Parlamentschef Bronislaw Komorowski sagte, er habe Putins Äußerungen mit "großer Erleichterung und Hoffnung" aufgenommen. Der ehemalige Außenminister Adam Daniel Rotfeld bezeichnete den Text als "sehr ausgewogen und vernünftig". Für besonders wichtig hielt der Diplomat, dass Russlands Premier das Katyn-Verbrechen anprangerte.

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