Streit um jüdische Siedlungen:US-Forderung nach Baustopp vom Tisch

Überraschende Kehrtwende: Washington will offenbar nicht mehr auf einem Baustopp für jüdische Siedlungen auf pälastinensischem Gebiet bestehen. Damit gibt Obama eine seiner Kernforderungen an Israel auf.

Die USA haben im Streit mit Israel um den Bau neuer Siedlungen offenbar nachgegeben und ihre Forderung nach einem neuen 90-tägigen Baumoratorium aufgegeben. Angesichts des Widerstands der israelischen Regierung sei ein Siedlungsstopp "derzeit nicht die beste Basis für eine Wiederaufnahme der direkten Verhandlungen" zwischen Israel und den Palästinensern, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.

Siedlungsbau südlich von Jerusalem

Ein sofortiger Stopp des Baus neuer jüdischer Siedlungen in den palästinensischen Gebieten hatte seit Obamas Amtsantritt vor zwei Jahren zu den Kernforderungen der USA an ihren Verbündeten Israel gehört.

(Foto: dpa)

Auch die New York Times vermeldete unter Berufung auf zwei Regierungsbeamte in Washington, die Regierung habe ihre Bemühungen aufgegeben, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu einem Baustopp zu bewegen. Es habe zu unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf die Bedingungen für eine Aussetzung der jüdischen Baumaßnahmen im Westjordanland gegeben.

Konzentration auf die Kernfragen des Konflikts

Die Verhandlungen mit beiden Seiten hätten gezeigt, dass auch ein neues Moratorium keine Grundlage für ein Rahmenabkommen zwischen Israelis und Palästinensern gebildet hätte, berichtete auch die Jerusalem Post. Ein US-Regierungsvertreter habe angekündigt, dass sich Washington "in den kommenden Tagen und Wochen" mit beiden Seiten und anderen Ländern in der Region über "substanzielle Kernfragen" abstimmen wolle .

Mit dem Nachgeben im Siedlungsstreit vollzieht die US-Regierung eine Kehrtwende. Ein sofortiger Stopp des Baus neuer jüdischer Siedlungen in den palästinensischen Gebieten hatte seit Barack Obamas Amtsantritt vor zwei Jahren zu den Kernforderungen der USA an ihren Verbündeten Israel gehört. Israels Regierung hatte dies aber kategorisch abgelehnt.

Nach dem Scheitern der Amerikaner, die Friedensgespräche im Nahen Osten wiederzubeleben, zweifeln die Palästinenser nun an den Vermittler-Fähigkeiten Washingtons. "Wer Israel noch nicht einmal zu einer Begrenzung der Bautätigkeit bringen kann, ist auch nicht in der Lage, Israel zur Anerkennung einer fairen Lösung zu bewegen", sagte der Berater des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Jassir Abed Rabbo.

Washington will sich den Angaben zufolge nun bemühen, den Friedensprozess zunächst ohne Einigung in der Siedlungsfrage voranzutreiben. Es gehe nun darum, ein "Fundament für das gemeinsame Ziel eines Rahmenabkommens" zu schaffen. Dies sei "von Beginn an unser Ziel gewesen", hieß es demnach aus Regierungskreisen in der US-Hauptstadt.

Nach Angaben der New York Times war aber zunächst nichts über einen "Plan B" der Obama-Regierung bekannt. Möglicherweise werde Außenministerin Hillary Clinton an diesem Freitag in einer Rede am Brookings-Institut einen neuen amerikanischen Vorschlag unterbreiten, schrieb das Blatt.

Die jüngste Runde der israelisch-palästinensischen Friedensgespräche war wenige Wochen nach dem Beginn im September in Washington vor allem wegen des Streits um die Siedlungen wieder zum Stillstand gekommen.

Israelis und Palästinenser geben sich gegenseitig die Schuld für die mangelnden Fortschritte bei den Verhandlungen. Der israelische Kabinettssekretär Zvi Hauser erklärte, das Problem liege nicht auf israelischer Seite. Der palästinensische Präsidentenberater Rabbo sagte indes, die Israelis seien Schuld an dem "Scheitern" der Amerikaner.

Israel hatte erst in der vergangenen Woche bekanntgeben, trotz internationaler Proteste weitere Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems bauen zu wollen. Das Innenministerium habe den Bau von 625 neue Wohnungen in der Siedlung Pisgat Zeev genehmigt, berichtete der israelische Rundfunk. Zuvor war bereits der Bau von 130 neuen Wohnungen im Stadtteil Gilo beschlossen worden.

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