Streit um EU-Verfassung:Lange Brüsseler Nächte stehen bevor

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Vier Tage vor dem EU-Gipfel zur geplanten europäischen Verfassung geraten Polen und Spanien wegen ihrer unnachgiebigen Haltung zunehmend unter Druck. "Eine schlechte Verfassung ist keine Option", sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer bei einem Treffen mit EU-Kollegen.

Auch der französische Ressortchef Dominique de Villepin und der italienische Ratsvorsitzende Franco Frattini betonten, eine schlechte Verfassung werde es nicht geben.

Fischer appellierte an den "europäischen Geist" der Staats- und Regierungschefs, welche die entscheidenden Verhandlungen am Freitag in Brüssel aufnehmen. "Jetzt sind alle aufgefordert, sich an diesem Ziel zu orientieren."

Der Gipfel müsse zeigen, ob er die richtige Antwort auf die bevorstehende Erweiterung und Wiedervereinigung Europas gebe. "Das ist der Maßstab und nicht das einzelne nationale Interesse."

Polen und Spanien für alte Stimmengewichtung

Polen und Spanien wollen auch in der Verfassung an der Stimmengewichtung des Nizza-Vertrages festhalten.

Der Konventsentwurf sieht eine doppelte Mehrheit vor, nach der die Bevölkerungsgröße stärkeres Gewicht bekommen soll.

Frattini sagte, die italienische Ratspräsidentschaft sehe zur doppelten Mehrheit keine Alternative.

Deshalb werde Italien keinen neuen Vorschlag zur Stimmengewichtung machen. "Der Vorsitz hat keinen Grund gesehen, Änderungen vorzuschlagen, weil es keine Alternativen gibt", sagte Frattini. Auch ein Verschieben der Entscheidung sei nicht konsensfähig.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte am Sonntag nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi ebenfalls eine harte Haltung in den entscheidenden Fragen angekündigt.

Der polnische Ministerpräsident Leszek Miller sagte in Warschau, möglich sei eine Verschiebung der Entscheidung über die Stimmengewichtung. Sonst drohe in Brüssel ein Fiasko.

Die Außenminister berieten am Montag in Sachen Verfassung über die Verteidigungspolitik und die Frage, welche Rechte das Europäische Parlament in Haushaltsfragen bekommen soll.

Nach dem Konventsentwurf soll das Parlament künftig auch bei der finanziellen Vorausschau mitreden dürfen. Dagegen hatten sich aber bereits die EU-Finanzminister ausgesprochen.

Bedenken der neutralen Staaten

In der Verteidigungspolitik hielten die vier neutralen Länder Österreich, Irland, Finnland und Schweden an ihrem Widerstand gegen eine Beistandspflicht nach dem Vorbild der NATO fest.

Fischer sagte, er hoffe, dass die Bedürfnisse der neutralen Staaten Eingang in die Verfassung fänden. Die Beistandsklausel dürfe aber "nicht so weich sein, dass sie faktisch nicht mehr existiert".

Die italienische Regierung wird einen letzten Kompromisstext zur Verfassung vorlegen. Darin will die Präsidentschaft auch zur künftigen Größe der Kommission Stellung nehmen.

(sueddeutsche.de/AP)

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