Streit um Atomkraft:Studie: Mangelhafter Schutz vor Terror

Der Schutz deutscher Atomkraftwerke vor Terrorangriffen ist nach einer neuen Studie ungenügend - weiterer Diskussionsstoff für den kommenden Atomgipfel.

Die "Erfolgswahrscheinlichkeiten einer Terrorgruppe" würden als beunruhigend hoch eingeschätzt, zitiert der Spiegel aus einem von der Umweltorganisation Greenpeace in Auftrag gegebenen Gutachten zu den Atomkraftwerken in Deutschland. "Die Barrieren eines integrierten Sicherheits- und Schutzkonzepts sind sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtwirkung gering."

Landshut Nuclear Power Plant

Atomkraftwerk bei Landshut: Die Sicherheit bei Terrorangriffen scheint fraglich.

(Foto: Getty Images)

Nach Einschätzung der Gutachterin, der Physikerin und Atomexpertin Oda Becker, sind weder die Sicherheits-Checks an den Flughäfen ausreichend noch der Schutz der Kraftwerke selbst. Abfangjäger der Bundeswehr seien im Notfall zu spät vor Ort, zudem dürften sie gemäß Bundesverfassungsgericht ein angreifendes Flugzeug ohnehin nicht abschießen. Die Nebelwerfer, über die einige Reaktoren verfügen, reichten nicht aus, um den Standort wirklich wirksam zu verhüllen. Einem Greenpeace-Rechtsgutachten zufolge muss jede Atomlaufzeiten-Verlängerung auch in Brüssel abgesegnet werden, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Söder attackiert Röttgen

In der schwarz-gelben Koalition werden diese Gutachten die Diskussionen nicht erleichtern. Kurz vor dem Atom-Gipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) herrscht auch weiterhin Streit über die Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken. Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) attackierte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), weil dieser angeblich die Ergebnisse des Regierungsgutachtens zur Energiepolitik infrage stelle. Söder sagte der Bild-Zeitung: "Sein Verhalten in der Frage der Laufzeitverlängerung ist eine Hypothek für die Verhandlungen." Röttgen versuche durch Trickserei die Entscheidung zur Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verzögern.

Der Bundesumweltminister tritt im Gegensatz zu weiten Teilen der Union und der FDP für eine möglichst zurückhaltende Verlängerung der Laufzeiten der Atommeiler ein. Im Gespräch sind Zeiträume zwischen 10 und 15 Jahren. Die FDP-Bundestags-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sprach sich unterdessen für hohe zusätzliche Abgaben der Atomindustrie aus. "Längere Laufzeiten bringen den Kraftwerksbetreibern erheblichen zusätzlichen Gewinn. Davon sollten wir mindestens 50 Prozent abschöpfen", sagte sie dem Hamburger Abendblatt. Wichtig sei, dass der zusätzliche Gewinn nicht nur zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet werde, betonte Homburger.

Die Spitzen der Koalition kommen am Sonntag in Berlin zusammen, um ihr Energiekonzept möglichst abschließend zu beraten. Dabei soll der Streit über die längeren Atomlaufzeiten begelegt werden. Davon hängt auch ab, welche Zusatzzahlungen die Atomindustrie für Investitionen in erneuerbare Energien leisten soll. An dem Treffen im Kanzleramt nehmen neben Merkel und den Fachministern auch die Parteivorsitzenden Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU) teil. Die Spitzen der Koalitionsfraktionen sind ebenfalls eingeladen.

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