Streit um Arbeitslosengeld I:Müntefering sucht den Kompromiss

Und er bewegt sich doch: Im SPD-internen Streit über eine längere Auszahlung des Arbeitslosengeldes I hat Arbeitsminister Müntefering einen Kompromissvorschlag auf den Tisch gelegt - und seinem Parteichef Beck per Fax zukommen lassen.

Im Konflikt um eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I hat Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) eine Kompromisslinie erkennen lassen. Einem Spiegel-Bericht zufolge will der Vizekanzler einer Verlängerung des Arbeitslosengeldes für ältere Erwerbslose zustimmen, wenn dies mit zusätzlichen Anforderungen verknüpft wird.

Demnach müssten sich ältere Arbeitslose künftig entweder fortbilden, oder sie müssten mit Sanktionen rechnen. Außerdem sollen sie über 55 Jahre alt sein, um 24 Monate Arbeitslosengeld erhalten zu können. Zudem will Müntefering die Möglichkeit der Frühverrentung vollständig ausschließen.

Laut Spiegel verzichtete Müntefering bei seinem Vorstoß darauf, die Vorschläge SPD-Chef Kurt Beck persönlich mitzuteilen: Er ließ seine Vorschläge per Fax an Beck übermitteln, der sich derzeit im Urlaub befindet.

Beck will die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I auf bis zu zwei Jahre verlängern. Der Vorschlag hat innerhalb der SPD, aber auch in der Großen Koalition für heftige Debatten gesorgt. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) signalisierte Unterstützung für Änderungen - allerdings nur unter der Bedingung, dass damit keine grundsätzliche Abkehr von der Agenda 2010 verbunden sei.

Steinbrück warnte die eigene Partei davor, sich von den Reformen der früheren rot-grünen Regierung zu verabschieden. Bei den Sozialdemokraten glaubten einige, die Debatte über das Arbeitslosengeld I sei "quasi die Safetür, die nur geknackt werden muss, um dann die ganze Agenda rückgängig zu machen", sagte er dem Spiegel.

Warnung vor dem "kollektiven Selbstmord"

Zugleich warnte der Finanzminister davor, dass die SPD als "Reformmotor der Republik" auch nicht ihre Identität verlieren dürfe. "Wir brauchen Reformen", sagte der Minister. "Aber man kann von der SPD auch keinen kollektiven Selbstmord erwarten."

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kündigte im Focus an: "Wir werden eine gemeinsame Lösung finden." Zugleich machte er deutlich, dass es diese Lösung nur "auf der Basis der Vorschläge von Kurt Beck" geben könne.

Unterdessen hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Gesprächsbereitschaft mit der SPD bekundet. "Jetzt werden wir sehen, was die SPD auf dem Parteitag beschließt und dann in der Koalition darüber sprechen", sagte Merkel der Bild am Sonntag.

Gleichzeitig sprach Merkel sich für kostenneutrale Veränderungen aus. Dabei solle die Bezugsdauer für die, die länger in die Versicherung eingezahlt hätten, ausgeweitet werden, sagte Merkel.Für jene, die kürzer eingezahlt haben, solle auch die Bezugsdauer verkürzt werden."Das ist vernünftig, weil wir wissen, dass Jüngere schneller wieder Arbeit finden als Ältere", sagte Merkel.

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