Streit um Kölner Moschee beigelegt:Der brüchige Friede von Köln

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Monatelang gab es Streit um den Neubau der Kölner Großmoschee. Gezankt wurde um Nägel im Beton und vermeintliche christliche Symbole in den Bauplänen. Jetzt haben der islamische Verband Ditib und der Architekt Paul Böhm ihren Streit beigelegt. Die Gefahr eines gesellschaftspolitischen Schadens ist damit abgewendet - vorerst.

Bernd Dörries, Köln

Die Glaser setzen gerade die Fenster ein, Männer mit Helmen tragen Material heran. Alles geht seinen Gang auf der Baustelle der neuen Kölner Moschee. Das einzige Problem scheint ein ziemlich weltliches zu sein, die Tauben, die auf dem Dach ihr Geschäft verrichten. Im Sommer soll die Moschee eröffnet werden und nach dem Willen ihres Bauträgers eines der islamischen Zentren in Deutschland werden: 55 Meter hoch, mit Platz für 1200 Menschen. Die "kölsche Moschee" haben die Menschen sie schon genannt und manche hofften, der Islam in Deutschland werde so sein wie das Gebäude, offen und transparent. Doch dann gab es Streit.

Die Kölner Zentralmoschee soll nach der Beilegung eines monatelangen Streits im Sommer eröffnet werden. (Foto: dapd)

Einen Streit, der für die einen nur ein Disput über Baukosten und verrostete Nägel war. Für die anderen aber auch ein Test, wie sich der Bauträger Ditib, der größte islamische Verband in Deutschland, in Zukunft positionieren wird.

Am Freitag sitzt der Ditib-Vorsitzende Ali Dere in einem niedrigen Raum in der Deutschland-Zentrale seines Verbandes und sagt, man wolle in die Zukunft schauen und nicht mehr zurück. Neben ihm lächelt der Architekt Paul Böhm, der die neue Moschee entworfen hat und spricht fröhlich: "Wir verstehen uns besser als gedacht." Dere und Böhm reden sich beide so oft und überaus höflich mit Professor an, dass schnell klar wird, dass hier etwas nicht stimmen kann. Zumindest nicht ganz.

Bis vor kurzem war es Böhm nicht einmal mehr erlaubt gewesen, die Baustelle der Moschee zu betreten, die Ditib hatte ihm fristlos gekündigt, Tausende angebliche Baumängel aufgelistet, von einer Verdoppelung der Baukosten gesprochen und ihm noch hinterhergeworfen: "Als Künstler hat Herr Böhm brilliert, als Baumeister hat er leider versagt." Böhm wiederum warf der Ditib vor, ein äußerst schwieriger und seltsamer Bauherr zu sein. So habe man die Gestaltung der Kuppel mehrmals verändern müssen, weil die Ditib vermeintliche christliche Symbole in den Bauplänen entdeckt hatte.

Nägel und Drahtreste im Beton

Davon ist nun am Freitag keine Rede mehr. Zurücknehmen will aber auch niemand seine Vorwürfe. Sie werden nun einfach aus dem Bauprozess ausgegliedert. In der überschaubaren Zeit bis zum Sommer, so hoffen beide Seiten, müsste es möglich sein, einigermaßen friedlich zusammenzuarbeiten. Böhm wird als architektonisch-künstlerischer Berater wieder eingestellt und darf seinen Bau vollenden. Ein externer Gutachter soll die möglichen Baumängel untersuchen, dann will man sich einigen, ein Gerichtsverfahren soll vermieden werden.

Viele hundert Nägel und Drahtreste im Beton sind unter den von Ditib beanstandeten Mängeln, die einfach entfernt werden könnten, aber auch eine gravierende 23 Zentimeter Abweichung in der Kuppel, die nun von einer neuen Bauleitung behoben werden soll.

Böhm wird zugestanden, bei der Planung der Innenräume ein Wort mitzureden, es geht um die Gestaltung von Gebetsraum, Basar und Bibliothek. Die Ditib hat zudem von Überlegungen wieder Abstand genommen, die ganze Moschee in einem hellen Weiß zu gestalten, statt des jetzigen grauen Betons, was in Köln für gehörige Unruhe gesorgt hatte.

Als der Konflikt im Oktober mit der Kündigung Böhms eskalierte, war das für Politiker wie Lale Akgün von der SPD auch ein Symptom dafür, dass die Ditib immer konservativer und verschlossener werde, so wie die politische Großwetterlage in der Türkei.

Die Ditib kontrolliert mehr als tausend Moscheegemeinden in Deutschland und untersteht wiederum der türkischen Regierung in Ankara. Von dort kamen offenbar auch die Vorwürfe, der Architekt Böhm habe versucht, christliche Symbole in den Bau einzuschmuggeln. Böhm hatte entsprechende Schriftwechsel bereits im vergangenen Herbst präsentiert. Die Ditib hatte Baupläne des Gotteshauses aufgeschnitten und aneinandergeklebt, zu einer Perspektive, die es in der Wirklichkeit nicht gibt. Kopien aus einem Religionslexikon waren den Schreiben an Böhm beigelegt, die beweisen sollten, dass der Architekt neben Kreuzen auch ein verstecktes Christogramm eingearbeitet habe, ein verwobenes X und P, ein geheimes Christenzeichen.

Böhm musste daraufhin die Kuppel mehrmals verändern und wurde schließlich gekündigt. In Köln war die offene und transparente Moschee in Gefahr, auf die man sich nach langem Streit geeinigt hatte. "Es gab die große Gefahr eines gesellschaftspolitischen Schadens", sagt Fritz Schramma, der ehemalige Kölner Oberbürgermeister, der viel für die Akzeptanz der Moschee beigetragen hat, vor allem in den Jahren für sie warb, als eine rechtsradikale Bürgerbewegung Stimmung gegen das Gotteshaus machte.

Schramma moderierte nun auch wieder die Annäherung der beiden Parteien. "Es ist ein zartes Pflänzchen", sagt Architekt Böhm. Als beide Parteien am Freitag gefragt wurden, was sie denn in der Vergangenheit falsch gemacht hätten, sieht Böhm ein Potential für eine bessere Kommunikation, bei der Ditib ist die Selbstkritik sehr eingeschränkt. "Wir sind hier nicht zur Beichtstunde gekommen", sagt Mediator Schramma, als die Stimmung zu kippen droht. Eine Beichte wird es in der neuen Moschee zumindest nicht geben. Alles andere wird weiter verhandelt.

© SZ vom 03.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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