Streit in der Union:CSU-Parteitag wohl ohne Kanzlerin

Merkel und Seehofer

Der bayerische Ministerpräsident Seehofer (CSU) hier im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

(Foto: dpa)
  • Anfang November hält die CSU ihren Parteitag ab - voraussichtlich erstmals seit Angela Merkels Wahl im Jahr 2005 ohne die Bundeskanzlerin.
  • Hintergrund ist der noch nicht gelöste Streit zwischen CSU und CDU über die Flüchtlingspolitik.

Von Robert Roßmann, Berlin, und Wolfgang Wittl

Der CSU-Parteitag Anfang November wird wohl zum ersten Mal seit Angela Merkels Wahl im Jahr 2005 ohne die Bundeskanzlerin stattfinden. In einer Sitzung des CSU-Strategieteams am Montag herrschten nach SZ-Informationen große Zweifel, dass ein Besuch der CDU-Vorsitzenden in der derzeitigen Phase sinnvoll sei. Eine offizielle Bestätigung steht zwar noch aus, CSU-Chef Horst Seehofer und Merkel seien sich in dieser Frage jedoch einig, hieß es aus der CSU.

Seehofer sagte am Dienstag, die abschließende Entscheidung sei noch nicht gefallen. Merkel und er würden dann "gemeinsam unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit informieren". Führende CSU-Politiker vertreten die Auffassung, ein Besuch Merkels sei nur hilfreich, wenn der Auftritt auch von der Parteibasis als glaubwürdig empfunden werden könne.

CDU und CSU streiten seit einem Jahr über die Flüchtlingspolitik. Die CSU fordert eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen, die Kanzlerin lehnt eine solche ab. Zwar betonten Merkel und Seehofer zuletzt die Fortschritte in den Gesprächen beider Parteien, doch eine Einigung bei der Obergrenze gilt weiter als schwierig. Ein Besuch Merkels käme zu früh und könnte die Aussöhnung in der Union gefährden, sagten CSU-Politiker. Im vergangenen Jahr hatte Seehofer die Kanzlerin fast eine Viertelstunde lang auf offener Parteitagsbühne für ihre Flüchtlingspolitik kritisiert.

Mit Blick auf diesen Eklat herrscht in der CSU die Ansicht, dass eine Einladung Merkels derzeit keinem nutze. Entweder die Kanzlerin werde zu freundlich empfangen, dann fühle sich die CSU-Basis überrumpelt. Oder sie werde angegriffen, dann verschlechtere sich das Verhältnis zur CDU erneut. Nicht zuletzt überdecke ein Besuch Merkels alle anderen Themen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte am Dienstag in Berlin: "Die Welt verändert sich nicht, wenn ein Parteitag mal ohne den anderen Parteichef stattfindet." Der Zeitpunkt, an dem die Einladung an Merkel üblicherweise verschickt wird, ist bereits verstrichen.

Seehofer will Zeit gewinnen

In der CDU-Zentrale richtet man sich schon darauf ein, dass Merkel ohne Einladung bleibt. Dort hieß es, man habe gar nicht die Erwartung, dass die CDU-Chefin unbedingt eingeladen werden müsse. Bei der laufenden Annäherung zwischen den Schwesterparteien solle man sich nicht auf das Zieldatum CSU-Parteitag versteifen, der Prozess dürfe auch länger dauern. Wichtig sei nur, dass man den gemeinsam vereinbarten Prozess zur Verständigung in der Flüchtlingspolitik ernst nehme, damit die Reihen der Union bis zum Bundestagswahlkampf geschlossen werden können.

Seehofer würde durch Merkels Fernbleiben Zeit gewinnen. Er will die CSU-Personalfragen für die Bundestagsliste erst im Frühjahr 2017 klären. "Alle Personalien liegen im Gefrierschrank, die Strategien werden gerade entwickelt", sagte Seehofer. Er möchte - anders als sein Rivale Markus Söder - die Ämter CSU-Chef und Ministerpräsident künftig trennen.

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