Süddeutsche Zeitung

Streit in der FDP:Kubicki rechnet mit Rösler ab

"Wachstum, was soll das denn sein? Familienwachstum? Haarwachstum?": Vier Wochen vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein verspottet FDP-Spitzenkandidat Kubicki Parteichef Rösler und dessen Kommunikation. Der schiebt die Schuld für die Misere der Liberalen auf seinen Vorgänger.

Für einige Zeit hatte sich Wolfgang Kubicki, das enfant terrible der FDP, etwas zurückgehalten. Doch nun, vier Wochen vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, schaltet der dortige Spitzenkandidat der Liberalen wieder auf Angriff. In einem Interview mit der Bild am Sonntag rechnet er scharfzüngig mit der Führung der Bundespartei ab: Die Kommunikation mit den Wählern sei "unterirdisch", sie lasse die FDP in der Öffentlichkeit als Zerrbild erscheinen, die FDP erscheine als kaltherzig, neoliberal, nicht-mitfühlend.

Ziel der Verbalattacke ist Philipp Rösler. Der FDP-Chef steht nach zahlreichen Wahlniederlagen und angesichts anhaltend schwacher Umfragewerte unter Druck und sucht seinerseits die Schuld für die Misere bei seinem Vorgänger Guido Westerwelle. "Die FDP hat sich zu lange auf das Thema Steuersenkung reduziert", sagt Rösler der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Den Liberalismus auf die Formel 'Mehr Netto vom Brutto' zu verkürzen, das ist zu wenig."

Er, Rösler, habe die Partei deshalb inhaltlich neu ausgerichtet,. Das von ihm in den Vordergrund gestellte Thema Wachstum umfasse Inhalte wie Schuldenabbau und Finanzmarktregulierung, aber auch Bildung, Kultur und familienpolitische Fragen.

Diese Themen sind bei Kubicki offenbar nicht angekommen. Für Röslers Leitbegriff hat der Landespolitiker nur Spott übrig. "Was soll das denn sein? Familienwachstum? Haarwachstum?" Es mangele daran, "diese abstrakten Begriffe mit nachvollziehbaren Inhalten" zu füllen.

Konkret kritisierte Kubicki die Haltung der FDP zur Finanztransaktionssteuer: "Es ist doch Unsinn zu behaupten, die Finanztransaktionssteuer sei in 27 EU-Staaten sinnvoll, allein in 17 Euro-Staaten aber nicht", sagte Kubicki. "So gelten wir jetzt als Partei, die die Finanzmärkte schützen will."

Auf dem Bundesparteitag in zwei Wochen will Kubicki nach eigenen Angaben ein neues Denken in der Partei durchsetzen: Gemeinsam mit NRW-Spitzenkandidat Christian Lindner wolle er dafür eintreten, "dass man die FDP neu denken muss", sagte Kubicki. "Neu denken bedeutet nicht, den Kurs zu ändern. Aber wir müssen den Menschen unser Programm so erklären, dass sie es verstehen können."

Der Spitzenkandidat versprach, bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein die Trendwende für die Liberalen einzuläuten: "Die Wiederauferstehung der FDP beginnt mit der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai und setzt sich dann eine Woche später in Nordrhein-Westfalen fort." Als Grund für seinen Optimismus nannte Kubicki seine und Lindners persönliche Beliebtheitswerte.

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