Streit im Weißen Haus:Was Bannons Rauswurf für Trump bedeutet

Trump makes his way to Camp David, Maryland to discuss a strategy for Afghanistan

Für US-Präsident Donald Trump ist die Entlassung seines Chefstrategen Stephen Bannon mit einem hohen Risiko verbunden.

(Foto: REUTERS)

Der US-Präsident braucht Bannon als Verbündeten auch außerhalb des Weißen Hauses. Es sei denn, er orientiert sich zur Mitte. Aber kann Trump auch moderat?

Analyse von Thorsten Denkler, New York

Womöglich hat er es in dieser Woche einfach übertrieben mit seinen Alleingängen. Und am Ende konnte dann auch US-Präsident Donald Trump nichts mehr für seinen jetzt Ex-Chefstrategen Stephen Bannon tun. Am Dienstag noch hatte Trump ihn "meinen Freund" genannt und ihn vor dem Vorwurf in Schutz genommen, Bannon sei ein Rassist. Aber er hatte auch - mal wieder - dessen Zukunft im Weißen Haus offengelassen. "Wir werden sehen, was mit Mr. Bannon passiert", sagte Trump. Auf diese Art hält er sich zwar fast jedes Thema offen. Aber vielleicht wusste er auch schon, was kommen würde.

Auf gewisse Weise hat Bannon den Schritt provoziert. Am Mittwoch überraschte er mit einer Einschätzung zur Nordkorea-Frage. Trump hatte noch in der Woche zuvor Nordkorea gedroht, das Land mit "Feuer und Wut" zu überziehen, sollte der Machthaber Kim Jong-un auch nur daran denken, militärisch gegen die USA oder gegen Verbündete vorzugehen. Die Welt, so schien es, stand für ein paar Tage am Rande eines atomaren Konfliktes.

Jetzt erklärte Bannon einem eher progressiven Journalisten der nicht minder liberalen Publikation The American Prospect, dass das alles nur Säbelrasseln sei, ein großer Bluff. Eine militärische Lösung könne es in dem Konflikt ohnehin nicht geben. Es ginge ausschließlich darum, den angeblich tobenden Handelskrieg mit China zu gewinnen.

Bannon polterte auch gegen Trumps Wählerbasis

In jenem Gespräch teilte er auch gegen führende Mitarbeiter in den Ministerien und dem Weißen Haus aus, die in seinen Augen den Handelskonflikt mit China nicht - anders als er - eskalieren lassen wollten. Er polterte aber auch gegen Trumps Wählerbasis am rechten Rand. Das sei eine "Versammlung von Clowns", eine "Splittergruppe voll von Verlierern".

Jetzt ist Bannon raus. Er und Trumps Stabschef John Kelly seien übereingekommen, dass dieser Freitag Bannons letzter Arbeitstag im Weißen Haus gewesen sei, erklärte Regierungssprecherin Sarah Huckabee Sanders. "Wir sind dankbar für seine Dienste und wünschen ihm das Beste."

Für Trump ist die Entlassung Bannons mit einem hohen Risiko verbunden. Unter den harten Rechten gilt Bannon bisher als Garant dafür, dass Trump nicht vom rechten Weg abkommt. Dass er sich nicht einlullen lässt vom verhassten Washingtoner Establishment.

Trump hatte sich stets als eine Art Anti-Politiker präsentiert, der den Washingtoner Sumpf austrocknen wolle. Diese Strategie wird auf Bannons Einfluss zurückgeführt, der Mitte vergangenen Jahres zu Trumps kriselnder Wahlkampagne stieß. Und mit ihr hat Trump die Wahl 2016 gewonnen.

Bannon hätte alle Möglichkeiten, "Feuer und Wut" über Trump zu bringen

Eine entscheidende Frage wird sein, ob es Trump möglich war, sich nicht im Streit von Bannon zu trennen. Bannon, Ex-Chef des äußerst einflussreichen Online-Magazins Breitbart News, hätte alle Möglichkeiten, "Feuer und Wut" über Trump zu bringen, wenn ihm danach wäre. Viele in der Alt-Right-Bewegung vertrauen eher Bannon als dem wankelmütigen New Yorker Geschäftsmann und Ex-Fernsehstar Trump. Macht sich der US-Präsident seinen ehemaligen Berater nun zum Gegner, könnte es schwer für ihn werden, noch einmal eine Wahl zu gewinnen.

Allerdings ist Trump auch ohne Bannon ein gefährlicher Demagoge und Populist. Nach der rechten Gewalt von Charlottesville erklärte er, dass in der Neonazi-Demo vom vergangenen Samstag einige "feine Leute" mitmarschiert seien. Was er in keiner Weise ironisch meinte.

Inzwischen verurteilt er auch durchweg die Gewalt auf beiden Seiten, nachdem er am Montag noch - erkennbar unter Druck - nur die Gewalt von rechts verurteilt hatte. Jetzt erweckt Trump den Anschein, als mache es keinen Unterschied, ob Menschen für Rassismus und Fremdenhass demonstrieren - oder dagegen.

Der längst verstorbene amerikanische Autor William F. Buckley sagte einmal, das sei so, als wäre es egal, ob jemand die alte Oma mit Absicht vor den Bus schubst. Oder vom Bus weg, um sie zu retten. In beiden Fällen sei die Oma geschubst worden und dann hingefallen.

War Bannons Demission doch geplant?

Auf Twitter wettert Trump gegen den landesweiten Abbau der Denkmäler von vorgeblichen Helden des Bürgerkrieges auf Seiten der Konföderierten. Das waren die, die bis zuletzt für den Erhalt der Sklaverei gekämpft hatten. Trump scheint die Botschaft wichtig, dass da einfach ohne Not "schöne" Denkmäler abgerissen werden. Und die Plätze wären ohne sie so leer.

In Teilen der Bevölkerung erntet er dafür die erwartete Zustimmung. Manche glauben deshalb nicht, dass Bannon und Trump sich ernsthaft überworfen hätten. Der linke Filmemacher Michael Moore vermutet auf Twitter: "Als Bannon sah, wie Trump die weißen Nationalisten im Alleingang verteidigte, da sagte er zu sich selbst: 'Meine Arbeit hier ist getan. Mission abgeschlossen'."

Das ist gar nicht so weit hergeholt. In der New York Times ist zu lesen, Bannon habe bereits am 7. August seinen Rücktritt angeboten. Der hätte Anfang der Woche schon verkündet werden sollen. Allerdings seien dann die Ereignisse in Charlottesville dazwischengekommen.

Fraglich, ob diese Geschichte reichen wird, Trumps Wählerbasis am rechten Rand zu beruhigen. Am Freitagmorgen noch wurde ein Brief von 20 Anführern hart konservativer Graswurzel-Organisationen an Trump öffentlich. Darin ermahnen sie Trump eindringlich, Bannon im Weißen Haus zu belassen. Auf Breitbart kommentieren Tausende Nutzer die Nachricht, Bannon sei raus aus dem Weißen Haus. Ein Kommentator fasst die Stimmung dort wie folgt zusammen: "Du hast es versaut, Donald Trump!"

Trump hat jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder er bleibt auf dem Kurs des rechten Populisten, um seinen Anhängern zu zeigen, dass Bannons Abgang keinen Unterschied macht. Oder er versucht sein Glück in der Mitte. Dort hätte er wenigstens die Chance, einen Teil seiner Wahlversprechen in reale Politik umzusetzen. Mit dem nötigen Maß an Kompromissbereitschaft, versteht sich. Und einem eher moderaten öffentlichen Auftreten. Nun, wer Trump kennt, der weiß, dass Kompromisse und moderates Auftreten noch nie sein Ding gewesen sind.

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