Streit bei Frankreichs Konservativen:Sarkozy giftet wieder

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François Fillon (links) und Nicolas Sarkozy: Streithähne im rechtsliberalen Lager.

(Foto: AFP)

"Der Krieg der Chefs hat begonnen": François Fillon baut sich zum Präsidentschaftskandidaten der Konservativen in Frankreich auf - und attackiert Nicolas Sarkozy. Doch der ehemalige Präsident ist nicht der Mann, der zuschaut, wie andere auf der Bühne der Macht agieren.

Von Stefan Ulrich, Paris

Die jüngste Zeit muss hart gewesen sein für Nicolas Sarkozy. Nach seiner Wahlniederlage 2012 hatte er den Rückzug aus der Politik verkündet. Doch der französische Ex-Präsident ist nicht der Mann, der stillvergnügt aus dem Hintergrund zuschaut, wie andere auf der Bühne der Macht agieren. Vertraute beschrieben ihn als "Löwen im Käfig".

Jetzt ist der Löwe ausgebrochen. Den anderen großen Tieren im rechtsliberalen Lager droht Gefahr. Dies gilt besonders für François Fillon, der Sarkozy fünf Jahre lang treu als Premier diente und sich heute Hoffnungen macht, bei der Wahl 2017 selbst Präsident zu werden. Der so sanftmütig wirkende Fillon fuhr daher bei einer Veranstaltung am Donnerstagabend die Krallen aus, um Sarkozy einige Hiebe zu verpassen. Die Zeitschrift L'Express schreibt: "Der Krieg der Chefs hat begonnen."

Eigentlich wollte Sarkozy die Feindseligkeiten später eröffnen. Sein Plan war es wohl, sich noch lange bedeckt zu halten, um die Sehnsucht der Franzosen wachsen zu lassen. Je schlechter die Wirtschaft laufen würde und je glückloser der sozialistische Präsident François Hollande regieren würde, desto lauter sollte der Ruf nach Sarkozy ertönen. Dieser hätte schließlich verkünden können, er fühle sich verpflichtet, das Vaterland zu retten.

Zwei Entwicklungen brachten den 58-jährigen Politrentner dazu, schon jetzt aus der Reserve zu kommen. Zum einen baute sich Fillon zielstrebig zum Präsidentschaftskandidaten auf. Zum anderen strich der Verfassungsrat der konservativen UMP-Partei elf Millionen Euro an staatlicher Unterstützung, weil Sarkozy im Wahlkampf 2012 unerlaubt viel Geld ausgegeben hatte. Der Partei drohte der Ruin.

Sarkozy musste reagieren. Der Ex-Präsident startete eine Spendenkampagne für die UMP, die binnen Tagen mehrere Millionen Euro einbrachte. Zugleich begann er, nach gut einjährigem Schweigen wieder zu sprechen. Er erklärte sich auf Facebook und Twitter und trat diese Woche bei einem Vorstandstreffen der UMP auf. Dabei sollte es eigentlich um die Parteifinanzen gehen. Doch Sarkozy hielt eine Grundsatzrede über Europa und die Sanierung Frankreichs. Die Kommentatoren riefen: Er ist zurück!

Damit geht ein Herzenswunsch seiner immer noch zahlreichen Fans in Erfüllung. "Nicolas komm zurück!", steht auf unzähligen Tassen, T-Shirts und Duftkerzen, die in Frankreich verkauft werden. Von "Sarkonostalgie" ist die Rede.

Sarkozy spickte seine Rede bei der UMP mit giftigen Sätzen gegen Fillon und andere Rivalen. "Die Politik ist nobel", mahnte er. "Setzt sie nicht herab. Und sagt nie Böses über die anderen." Das klang putzig aus dem Mund eines Mannes, der für seine verbalen Wutattacken auf Feinde und Parteifreunde bekannt ist. Für Fillon war das Maß jedenfalls voll. Der frühere Premier erklärte jetzt, die Partei werde nicht in Habachtstellung auf einen "Mann der Vorsehung" warten. Sarkozy solle nicht so tun, als sei er der einzige Ausweg.

Zugleich betonte Fillon, die UMP werde ihren Präsidentschaftskandidaten für 2017 per Urwahlen küren. Auch ein Sarkozy müsse sich diesen stellen. Die Zeit der "Selbstproklamierung" sei vorbei. Nun wartet Frankreich auf Sarkozys Antwort. Die politische Sommerpause dürfte heiß werden.

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