(SZ) Eine der schillerndsten Gestalten der Kirchengeschichte ist die Päpstin Johanna, die nach Papst Leo IV. (847–855) zwei Jahre, sieben Monate und vier Tage regiert haben soll und deren Pontifikat völlig unkonventionell endete, indem sie während einer Prozession ein Kind zur Welt brachte und dabei starb. Obwohl es Johanna, die auch als Johannes Anglicus, Giovanni Femina oder Frau Jutte durch die einschlägige Literatur geistert, nie gegeben hat, war man von der Figur schwer fasziniert. Neben vielen anderen beschäftigte sich 1695 auch der Eisenacher Polyhistor Christian Franz Paullini mit ihr, und zwar im Hinblick auf eine das katholische Volk bis heute umtreibende Frage: „Kan auch wohl ein Weib Pabst seyn?“ Kan es nicht seyn, weil es, so die bis heute herrschende Doktrin, zu den geistlichen Ämtern überhaupt keinen Zugang hat, am wenigsten zu dem des Papstes. Aus diesem Grund war man in den frühen Johanna-Schriften immer sehr vorsichtig mit deren Amtsbezeichnung. Man verwendete manches Mal notgedrungen die Form Päpstin, beließ es aber meistens beim männlich konnotierten Titel: „Bericht vom Bapst Johanne dem Achten, welcher soll ein Weib gewesen sein“ (Laurentius Albertus, 1572).
Glosse:Das Streiflicht
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Der „Spiegel“ enthüllt, dass im Duden das Wort „Päpstin“ vorkommt, obwohl es eine Frau dieses Berufs gar nicht gibt. Gespenst im Hintergrund: die Päpstin Johanna.
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