GlosseDas Streiflicht

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Warum das Lächeln auf amtlichen Passbildern nichts zu suchen hat, selbst wenn es im Geiste des Herrn entstand.

(SZ) In welche Verstrickungen, mitunter auch amouröser Natur, ein Lächeln führen kann, hat der Dichter Heinrich Heine einmal notiert: „Ihr Lächeln, wie ein strahlendes Netz, sie warf es aus und meine Seele verfing sich darin und zappelt in den holden Maschen wie ein Fisch, seit Jahren.“ Heine hat sich aus derartigen Netzen meist wieder herausgezappelt, und wenn ein Schmerz zurückblieb, verwandelte er ihn in ein Gedicht, was Arztkosten sparte und das Gesundheitswesen entlastete. Mag dieses Ich-bring-dich-um-den-Verstand-Lächeln ein Extremfall sein, als Beispiel taugt es allemal, um den Zauber des Lächelns ebenso zu feiern wie vor ihm zu warnen. Das Lächeln, sagt die Wissenschaft, ist dem Menschen angeboren, im Prinzip hat es jeder drauf, selbst der Misanthrop, der es für Verrat an seiner geistigen Würde hält, anderen freundlich zu begegnen. Wenn in der steinzeitlichen Steppe der Jäger A. auf den Sammler B. traf, waren es die leicht aufwärts gezogenen Mundwinkel, welche die Keulen in Zaum hielten – jedenfalls fürs Erste. Ohne das Lächeln hätte die Menschheit nicht überlebt.

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