Straffreiheit für Folterknechte:Amerika streitet über Obamas Kompromiss

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Weise Entscheidung oder folgenschwerer Fehler? Obama will CIA-Verhörmethoden nicht strafrechtlich prüfen lassen. Die amerikanischen Medien sind geteilter Meinung.

Transparenz und Ablehnung ja, Strafverfolgung nein - US-Präsident Barack Obama hat sich für einen differenzierten Umgang mit den umstrittenen Verhörmethoden des Geheimdienstes CIA entschieden. Er veröffentlichte geheime Berichte des Justizministeriums, in denen Praktiken wie das Waterboarding detailliert geschildert werden - sie wurden während der Amtsperiode seines Vorgängers George W. Bush genutzt, um Terrorverdächtige zur Aussage zu bewegen.

Barack Obamas Entscheidung, auf die Strafverfolgung von CIA-Agenten zu verzichten, trifft auf ein geteiltes Echo. (Foto: Foto: AFP)

Beim Waterboarding wird das Ertrinken eines Häftlings simuliert. Menschenrechtsorganisationen sehen darin eine Foltermethode und fordern Konsequenzen für die Täter - Obama betonte jedoch, CIA-Agenten, die unter der Bush-Regierung terrorverdächtige Gefangene misshandelt haben, nicht juristisch zu belangen. Wer "seine Pflicht im guten Glauben an den Rat des Justizministeriums erfüllt hat", habe keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten, teilte der Präsident mit.

In der amerikanischen Medienlandschaft stößt seine Entscheidung auf ein geteiltes Echo. So fordert die Boulevardzeitung USA Today, Obama müsse mögliche Verbrechen von CIA-Agenten rigoros aufklären und strafrechtlich verfolgen lassen. Seine zögerliche Haltung drohe den moralischen Vorteil zu verspielen, den die USA durch die Wahl eines afroamerikanischen Präsidenten gewonnen habe.

"Sie kennen nun die Grenze"

Drastischer fällt die Meinung des Wall Street Journals aus: Die Gastautoren Michael Hayden, ehemaliger Direktor der CIA, und Michael B. Mukasey, ehemaliger Generalstaatsanwalt der USA, werfen Barack Obama vor, mit der Veröffentlichung der Verhörmethoden schweren Schaden angerichtet zu haben.

Dank der detaillierten Schilderung der Techniken seien Terroristen nun in der Lage, sich auf Verhöre vorzubereiten: "Sie kennen nun die Grenze dessen, was die US-Regierung zu tun bereit ist, um Informationen aus ihnen herauszubekommen." Zudem sei die Entscheidung des Präsidenten fatalerweise bindend: "Er beraubt nicht nur sich, sondern auch alle zukünftigen Regierungen der Handlungsfreiheit."

Die New York Times präsentiert auf ihrer Internetseite die Meinung mehrerer Experten zum Thema. David Cole, Autor eines Buches zum "Krieg gegen den Terror" und Professor an der Universität Georgetown, hält die Veröffentlichung der Berichte des Justizministeriums für begrüßenswert. Dass CIA-Agenten keine Strafverfolgung droht, findet er hingegen "inakzeptabel".

Furcht vor der Wiederkehr

"Wir müssen formal festhalten, dass das Geschehene falsch war, ja sogar kriminell", wird Cole zitiert. Andernfalls stehe zu befürchten, dass eine künftige Regierung die Verhörmethoden wieder aufleben lasse.

Die Verteidigungsexpertin und ehemalige Ratgeberin der Regierung Bush, Kori Schake von der Militärakademie West Point im Bundesstaat New York, hält Obamas Handeln hingegen für richtig: "Der Präsident hat die richtige Balance gefunden: Er hat die Methoden abgelehnt und die Informationen darüber veröffentlicht, aber gleichzeitig eingesehen, dass die Geheimdienste damals mit schwerwiegenden Problemen zu tun hatten."

Ins gleiche Horn stößt ein Kommentar der Washington Post. Obama habe "couragiert und weise" gehandelt, schreibt die Post: "Der Präsident hat nicht nur die Gewissheit wiederhergestellt, dass die USA nicht foltern, sondern auch die nationale Moral gestärkt."

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