Stormy-Daniels-Affäre:Warum Novartis 1,2 Millionen Dollar an Trumps Anwalt zahlte

Michael Cohen Donald Trump Schweigegeld Aufzeichnung

Donald Trumps persönlicher Anwalt Michael Cohen in New York.

(Foto: REUTERS)
  • Donald Trumps persönlicher Anwalt Michael Cohen hat über eine Consultingfirma mit Unternehmen Beraterverträge abgeschlossen.
  • Der Schweizer Pharma-Konzern Novartis räumt ein, ihm monatlich 100 000 Dollar gezahlt zu haben.
  • Novartis schloss den Vertrag mit Essential Consultants LLC - der Firma, die Schweigegeld an Stormy Daniels gezahlt haben soll.

Von Thorsten Denkler, New York

Entweder ist Michael Cohen Anfang 2017 zum Universalgelehrten mutiert - oder er hat seine plötzliche Nähe zum Weißen Haus an Großkonzerne verkauft. Donald Trump hatte gerade das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten übernommen, als sein persönlicher Anwalt Cohen sich mehreren Firmen als Berater zur Verfügung stellte.

Die zahlten. Viel und offenbar gerne. Zu Cohens Kunden gehörten plötzlich der Schweizer Pharmariese Novartis, der US-Telekommunikationskonzern AT&T und der Rüstungskonzern Korea Aerospace Industries LTD. Es gab offenbar nichts, womit sich Cohen nicht auskannte.

Die Novartis-Manager merkten plötzlich, dass Cohen nichts von Gesundheitspolitik versteht

Novartis etwa zahlte für ein Jahr Beratung 1,2 Millionen Dollar an Cohen, wie der Konzern am Mittwoch einräumte. Angeblich, wie es in einer Erklärung heißt, um sich von Cohen über die anstehenden Gesundheitsreformen unter Trump aufklären zu lassen. Was entweder bedeutet, dass sich Cohen dem Unternehmen gegenüber als Gesundheitsexperte ausgegeben hat. Oder dass Novartis versucht hat, sich das Ohr des Präsidenten zu erkaufen - mit Cohen als Mittler.

Nach der Version, die Novartis am Mittwoch bekanntgab, habe es im März 2017 ein erstes Treffen mit Cohen gegeben. Offenbar merkten die Novartis-Manager dann ganz plötzlich, dass Cohen von Gesundheitspolitik vermutlich ähnlich viel versteht wie eine Fliege vom Tiefseetauchen. Oder, wie es Novartis ausdrückt: Es sei festgestellt worden, dass Cohen und seine Firma, "nicht in der Lage sein würden", den bestellten Beratungs-Service zur Verfügung zu stellen.

Der Vertrag mit Cohen sei da aber "unglücklicherweise" schon unterschrieben gewesen. In der vereinbarten, einjährigen Laufzeit überwies das Unternehmen dem Anwalt dann noch jeden Monat 100 000 Dollar. Bis Ende Februar 2018. Für nichts, behauptet Novartis.

Das Unternehmen beeilt sich noch, herauszustellen, dass sein Vorstandvorsitzender Vasant Narasimhan nichts mit der Sache zu habe. Und dass Medienberichte falsch seien, wonach ein Treffen von Trump mit ihm und anderen Konzern-Bossen auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos Ende Januar 2017 etwas mit der Angelegenheit zu tun gehabt habe.

Cohen hat seine Firma als Beratungsunternehmen für Immobilienfragen angemeldet

Pikant ist an der Geschichte, dass Novartis den Vertrag mit Essential Consultants LLC geschlossen hat. Cohen hatte die Beratungsfirma kurz vor der US-Wahl 2016 gegründet. Er hat sie genutzt, um 130 000 Dollar Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels zu überweisen, beziehungsweise an einen anwaltlichen Mittelsmann. Daniels sagt, sie habe im Jahr 2006 eine Affäre mit Trump gehabt. Der bestreitet das.

Das Geld will sich Cohen aus einer privaten Immobilienanleihe besorgt haben. Trump hat inzwischen eingeräumt, Cohen das Geld erstattet zu haben, wenn er auch nicht gewusst haben will, wofür eigentlich.

Das FBI ermittelt gerade gegen Cohen, weil es glaubt, dass das Schweigegeld eine versteckte und damit illegale Wahlkampf-Finanzierung für Trump gewesen sein könnte. Und dass Cohen Essential Consultants vor allem gegründet hat, um die Zahlung zu verschleiern.

Zumindest hat Novartis offenbar sehr schlecht recherchiert. Angemeldet hatte Cohen die Firma nämlich als Beratungsunternehmen für Immobilienfragen. Damit kennt sich Cohen auch bestimmt besser aus als mit Gesundheitsfragen.

Die Daten veröffentlicht hat der Anwalt von Stormy Daniels

Die Geschichte von AT&T klingt da deutlich plausibler. Das Unternehmen soll Cohen 200 000 Dollar gezahlt haben, damit der den Top-Managern hilft, wie es heißt, Trump besser zu verstehen. AT&T hat bestätigt, dass es Geld an Cohen gezahlt hat. Aber nicht, wie hoch die Summe war.

Der Deal mit Novartis wäre vermutlich gar nicht aufgeflogen, wenn Cohen für die Überweisung seines vermeintlichen Beraterhonorars nicht seine Firma Essential Consultants angegeben hätte. Veröffentlicht nämlich hat die Daten an diesem Dienstag Michael Avenatti, der umtriebige Anwalt von Stormy Daniels, deren echter Name Stephanie Clifford ist. Es wird vermutet, dass er die Unterlagen aus Verfahrensakten hat, die er im Zuge seiner diversen Klagen gegen Cohen und Trump bekommen hat.

In den Unterlagen steckte noch mehr. Die Runde hat zuerst gemacht, dass der etwa 13 Milliarden Dollar schwere russische Oligarch und Putin-Freund Viktor Vekselberg zusammen etwa 500 000 Dollar über die New Yorker Investmentfirma Columbia Nova an Trumps Anwalt Cohen überwiesen haben soll. Vekselberg kontrolliert ein Unternehmen, das der größte Kunde von Columbia Nova ist. Vekselbergs Cousin Andrew Intrater ist der Vorstandschef von Columbus Nova.

Angefangen haben die Zahlungen von Vekselberg nach den von Avenatti veröffentlichen Unterlagen im Januar 2017. Und endeten im August 2017. Also zu einem Zeitpunkt, da das ganze Land bereits über die Einflussnahme Russlands auf die US-Wahl und die Verwicklung von Trumps Wahlkampfteam in die Affäre spekulierte. Vekselberg nahm übrigens auch an der Amtseinführung von Trump im vergangenen Jahr teil.

Aber das ist alles natürlich nur Zufall. Columbia Nova teilte inzwischen mit, die Zahlungen an Cohen hätten nichts mit Vekselberg zu tun. Das seien alles nur Beraterhonorare gewesen. Wofür auch immer.

Und Trump? Der hat von allem nichts gewusst, beteuert sein Anwalt Rudy Giuliani, der frühere Bürgermeister von New York. Giuliani ist auch jener Anwalt, der Trumps Entschädigungszahlungen an Cohen ausplauderte. Trump sagte danach, Giuliani sei eben neu und werde schon noch irgendwann Klarheit über die Fakten erlangen.

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