Stickoxide:Grenzwert mit Grenzen

Fahrverbote lassen sich per Gesetz beseitigen - schlechte Luft aber nicht.

Von Michael Bauchmüller

Auf den ersten Blick ist es ein bizarres Gesetz: Der europäische Grenzwert für Stickoxid liegt bei 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft; viele Städte tun sich schwer damit, ihn einzuhalten. Und was macht der Bund? Er schließt die wirksamste Konsequenz für viele Städte aus. Fahrverbote für Diesel soll es nur dort geben dürfen, wo der Wert jenseits der 50 Mikrogramm liegt. Wenn es zu bunt wird mit dem Grenzwert, wird er halt hochgesetzt - sogar mit Segen der EU.

Ganz so einfach liegen die Dinge aber nicht. Tatsächlich hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betont. Wenn aus einer Stadt, die den Grenzwert nur um wenige Mikrogramm übersteigt, massenhaft Dieselfahrzeuge ausgesperrt würden, stünden schon die Einführung und der Vollzug des Verbots kaum in einem guten Verhältnis zum Problem. Auch Brüssel hat keine Fahrverbote verlangt - sondern schlicht gute Luft in Europa.

Für die Städte heißt das im Umkehrschluss: Sie müssen tun, was verhältnismäßig ist, und das rasch. Denn der Grenzwert an sich bleibt der alte, auch eine Klage der EU gegen den Bund läuft weiter. Die Städte müssen Alternativen zum Auto fördern, Busse auf saubere Antriebe umstellen. Ein Fahrverbot mag sich per Gesetz beseitigen lassen. Die schlechte Luft aber nicht.

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