Steuerverfahren:Ex-Geheimagent Mauss hofft auf Hilfe vom BKA

Werner Mauss, Former Secret Agent, Goes On Trial For Tax Evasion

Dem ehemaligen Geheimagenten Werner Mauss droht im Falle einer Verurteilung eine mehrjährige Haftstrafe.

(Foto: Sascha Steinbach/Getty Images)
  • Der wegen Steuerhinterziehung angeklagte ehemalige Geheimagent Mauss verlangt, dass das BKA seinen Fall anhand der Daten aus den Panama Papers prüft.
  • Gleichzeitg erhebt Mauss' Verteidigung schwere Vorwürfe gegen die Behörde.
  • Mauss droht im Falle einer Verurteilung durch die 2. Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Bochum eine mehrjährige Haftstrafe.

Von Ralf Wiegand, Bochum

Wie lange das Steuerstrafverfahren gegen den deutschen Geheimagenten Werner Mauss schon dauert, lässt sich sehr schön an der Fußgängerzone von Bochum erkennen. Seit der Eröffnung des Prozesses wurde die Einkaufsmeile der Ruhrgebietsstadt einmal komplett renoviert, neues Pfalster verlegt, Bäume abgeholzt, was man in elf Monaten eben so schafft im Straßenbau.

Sollte das Gericht dem jüngsten Antrag der Verteidigung folgen, könnten auch noch ein paar Ersatzpflanzungen, Neubauten oder umfangreiche Kanalarbeiten erledigt werden: Das Verfahren, in dem Mauss sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzt, mehr als 16 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben, soll nach dem Willen seiner Verteidiger ausgesetzt werden. Grund: Die Panama Papers, die inzwischen beim Bundeskriminalamt liegen.

Immer wieder hatte die Staatsanwaltschaft Bochum, die Mauss der besonders schweren Steuerhinterziehung anklagt, die mangelnde Kooperationsbereitschaft des ehemaligen Top-Agenten damit begründet, dass er zum Beispiel nach wie vor nicht offengelegt habe, wofür er sein Netz an Offshore-Firmen brauche. Genauso wenig habe er Auskunft über Art und Herkunft von regelmäßigen Zahlungen aus China gegeben. Weder das chinesische Geld noch die Panama-Firmen sind aber Gegenstand der Anklage. Die Staatsanwaltschaft vermutete eher, dass sich dort noch weiteres Vermögen von Mauss befinden könnte, das den Behörden bisher noch gar nicht bekannt war.

Vertraulichkeit ist Mauss wichtig

Nun spielt Mauss ausgerechnet mit dem Panama Papers auf Zeit. Die Süddeutsche Zeitung hatte im vergangenen Jahr bereits über Mauss' Offshore-Reich berichtet. Zwölf Firmen, die mit dem Namen Claus Möllner verbunden sind - einer der Tarnidentitäten des Privatermittlers - waren in den Dokumenten der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca aufgetaucht. "Bitte diesen Fall wegen der Prominenz des finalen Eigentümers mt höchster Vertraulichkeit behandeln", notierte das Kanzlei-Personal dazu. Vertraulichkeit, naheliegend bei einem Geheimagenten, ist Mauss wichtig: Er ließ unter anderem der SZ gerichtlich Teile der Berichterstattung zu seinen Spuren in den Panama Papers untersagen.

Die Zeiten haben sich geändert, Mauss droht im Falle einer Verurteilung durch die 2. Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Bochum eine mehrjährige Haftstrafe. Jetzt verlangt er, dass das Bundeskriminalamt, das die Panama-Daten angekauft und ihre Auswertung angekündigt hat, die Dokumente in seiner Sache prüft. Daraus soll ein Gutachten entstehen, das Mauss - da sind sich seine Anwälte sicher - entlasten werde. Bis das geschehen sei, würden laut Verteidigung allerdings mehrere Monate vergehen, keinesfalls passiere das noch im Jahr 2017. Ergo: Das Verfahren müsse ausgesetzt werden.

Die Staatsanwaltschaft weist den Antrag als unbegründet, weil irrelevant zurück - für sie seien die Panama Papers im laufenden Verfahren gar kein Thema. Fragen könnte man sich seitens des Gerichts auch, warum Mauss nicht selbst die relevanten Unterlagen dem Gericht liefert, wenn sie ihn denn entlasten - anstatt dem BKA die Arbeit zu überlassen und damit das Verfahren für viele Monate zum Stillstand zu bringen.

Nicht sein Geld, nicht seine Steuerpflicht

Das Zeitspiel hat allerdings Methode in der Strategie der Mauss-Verteidiger. Die hatte an diesem Montag eigentlich massive Entlastung durch einen ominösen Zeugen mit dem Tarnnamen "Adam" erwartet. Dabei handelt es sich angeblich um ein hohes Tier beim israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad; der Geheimdienstler soll lückenlos bestätigen können, dass es sich bei dem fraglichen, nicht versteuerten Vermögen nicht um Mauss' eigenes Geld gehandelt habe. Mauss, 77 Jahre alt, behauptet seit Prozessbeginn, westliche Dienste hätten ihm 1985 in Panama einen Geheimfonds für seine Operationen als Agent eingerichtet, mit mehr als 20 Millionen Dollar aufgefüllt und ihm lediglich treuhänderisch überlassen. Nicht sein Geld, nicht seine Steuerpflicht - so die Logik.

Doch "Adam", vom launigen Vorsitzenden Richter Markus van den Hövel, so getauft, weil er zwar aus Sicherheitsgründen für die Öffentlichkeit anonym bleiben müsse, aber "von Anbeginn an alles aufklären soll", ist am Montag nicht wie versprochen in Bochum erschienen. Er hat abgesagt. Die Verteidigung erhebt in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen das Bundeskriminalamt: Das BKA habe eine Anfrage beim Mossad, die lediglich die Identität des geheimnisvollen Zeugen absichern sollte, dazu genutzt, den Zeugen vorsätzlich so zu verunsichern, dass der jetzt von seiner Aussage in Deutschland absehe. Das BKA habe "Adam" damit gedroht, ihn in Deutschland "festzusetzen", wenn er aussagen würde. "Das BKA wollte den Zeugen verunsichern und von einer Aussage abhalten", behauptete einer der Mauss-Anwälte; dazu wäre die Behörde sogar "bis an die Grenze des objektiven Tatbestands der Urkundenfälschung gegangen".

Als Hintergrund nannte die Mauss-Seite einen "persönlichen Feldzug" eines bestimmten BKA-Beamten gegen Mauss und dessen Familie; außerdem befinde sich die Behörde in mehreren Verwaltungsgerichtsverfahren gegen Mauss, dort geht es angeblich um seine noch immer existierenden Scheinexistenzen und die entsprechenden offiziellen Ausweispapiere dazu. Aus diesen Verfahren lieferte Mauss ein Konvolut an Schreiben dieses bestimmten BKA-Beamten, die dessen Befangenheit und Voreingenommenheit ihm gegenüber dokumentieren sollen.

Der Prozess weiß immer noch zu überraschen

Der Mauss-Prozess, fast ein Jahr alt und zwischenzeitlich sehr zäh, weiß mit irren Wendungen immer noch zu überraschen. Nun soll das BKA einerseits Mauss mit den Panama-Daten helfen - andererseits greift er dieselbe Behörde massiv an.

Das BKA hat die Vorwürfe inzwischen schriftlich zurückgewiesen, schriftliche Belege für eine Beeinflussung des Zeugen in dieser Richtung gibt es überdies nicht. Tatsächlich soll der Bote, der das BKA-Schreiben hinsichtlich der Fragen zur Identität von "Adam" persönlich beim Mossad abgegeben habe, sich so geäußert haben, dass "Adam" nun eine politische Dimension in seiner Aussage erkenne - und diese auf keinen Fall in Deutschland machen wolle. Wer von deutscher Seite sich so gegenüber dem Mossad geäußert haben soll, ist nicht bekannt, die Verteidigung will nun auch diesen Boten als Zeugen in Bochum hören.

"Adam" bot derweil an, sich per Video "oder Facetime" vernehmen zu lassen oder einen deutschen Richter in Israel zu empfangen - aber nur, wenn er die "hundertprozentige Garantie" bekomme, dass "nichts nach außen dringt", wie er einem der Mauss-Anwälte schrieb. Er befinde sich allerdings leider gerade auf Reisen in der "Dritten Welt". Und in den nächsten Wochen ginge es auch nicht, da sei er, teilte er per Mail mit, an für eine solche Vernehmung "keiner guten Örtlichkeit".

Das Verfahren wird am 17 Juli mit dem 22. Verhandlungstag fortgesetzt. Wie lange der Prozess noch dauert, ist völlig offen.

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