Steuerstreit von Schwarz-Gelb:Steinmeier wirft Regierung Basar-Mentalität vor

SPD-Fraktionschef Steinmeier heizt den Streit um die geplanten Steuersenkungen an: Schwarz-Gelb habe den Schuldenabbau "wie auf einem Basar verhökert", poltert er und rügt, dass die Bundesregierung keinen Sinn für Steuergerechtigkeit habe.

Frank-Walter Steinmeier, SPD-Fraktionschef im Bundestag, hat die jüngsten Pläne der Koalition zur Steuerentlastung heftig kritisiert. Seiner Ansicht nach hat die schwarz-gelbe Regierung das Ziel des Schuldenabbaus "wie auf einem Basar verhökert", nur um die zerstrittene Regierung zu befrieden.

Pressekonferenz nach SPD-Gremiensitzung

Schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung: Frank-Walter-Steinmeier sagt, Schwarz-Gelb sei Steuergerechtigkeit "schnurzpiepegal".

(Foto: dapd)

Bei den Steuerbeschlüssen sei es nicht darum gegangen, das Land nach vorne zu bringen", sagte Steinmeier der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Es ging auch darum, die siechende FDP heil über ihren Parteitag am kommenden Wochenende zu bringen", sagte der SPD Politiker über die geplante Entlastung. Dafür seien sechs Milliarden Euro Steuergeld ein sehr hoher Preis.

Steinmeier warf der Regierungskoalition vor, mit den Steuerplänen das Gespür für Gerechtigkeit zu verletzen. Alle Einsparungen seien bisher auf Kosten von Arbeitssuchenden und sozial Schwachen gegangen. Gerechtigkeit im Steuersystem sei Schwarz-Gelb "schnurzpiepegal".

Union und FDP wollen zum 1. Januar 2013 die Einkommenssteuer senken und die Bürger bis 2014 in zwei Stufen um sechs Milliarden Euro entlasten. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung will die Regierung die Entlastung bis Jahresende beschließen. Den derzeit bei 8004 Euro liegenden Steuer-Grundfreibetrag will sie um 350 Euro anheben und außerdem einen Inflationsausgleich schaffen. Dafür benötigt sie die Zustimmung des Bundesrats, wo sie jedoch keine eigene Mehrheit hat. In der Koalition gibt es deshalb Überlegungen, einzelne SPD-geführte Länder durch gezielte Angebote zu einer Zustimmung zu bewegen.

So hatte der Bundestagsabgeordnete Frank Steffel (CDU), Mitglied im Finanzausschuss, am Vortag für gezielte Kompensationsangebote an einzelne Länder geworben. "Keine Parteizentrale sollte glauben, dass sie ihre Ministerpräsidenten kontrollieren kann", sagte er der Berliner Morgenpost. Doch habe der Bund noch einige Trümpfe im Ärmel. Allein der Verkehrsminister könne "eine Milliarde Euro für Verkehrsprojekte verteilen", sagte Steffel.

Bundesregierung: Keine Angebote an SPD-Länder

Die Bundesregierung wies den Vorschlag Steffels zurück. "Für die Bundesregierung kann man ganz klar sagen, dass sie guten Argumenten vertraut", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die zweistufige Anhebung des Grundfreibetrages sei gesetzlich vorgeschrieben.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schloss eine Zustimmung der sozialdemokratisch regierten Länder im Bundesrat aus. "Die Länder, in denen die SPD mitregiert, werden nicht zustimmen", sagte Gabriel der tageszeitung. "Wir nehmen die Schuldenbremse ernst und wollen keine Politik auf Pump machen."

Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hält die Steuerpläne angesichts der hohen Verschuldung von Bund und Ländern für utopisch. "Wir dürfen die Schulden in einer solchen Situation nicht noch um sechs Milliarden Euro erhöhen, ganz gleich, welche staatliche Ebene sie finanzieren muss", sagte er der Passauer Neuen Presse.

Unions-Geschäftsführer setzt auf Einigung

Der Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier ging dennoch von einer Einigung aus. Er habe den Eindruck, dass ein "Prozess des Nachdenkens" in Gang gekommen sei. Altmaier sagte, die Koaliton habe keine riesige Steuerreform vorgelegt, sondern setze mit der Erhöhung des Grundfreibetrags "die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts" um. Dies bedeute mehr "Steuergerechtigkeit". Bei der kalten Progression sei es ein "Gebot der Fairness", dass Einkommenszuwächse nicht durch einen steigenden Steuertarif aufgezehrt würden. Für die Bundesländer sei dies verkraftbar, "weil der Bund den Anteil der Kalten Progression komplett übernimmt".

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