Steuerstreit: Spitzentreffen in Berlin:Steuerentlastung - jetzt oder irgendwann?

Steuerstreit, Türkei-Debatte und die Causa Steinbach: Konflikte zwischen Schwarz und Gelb gibt es genug. Ein Treffen bei Kanzlerin Merkel soll Klarheit bringen.

Steuern runter - ja oder nein? Und wenn ja, wann und in welchem Umfang? Diese Fragen beschäftigen die schwarz-gelbe Koalition aus Union und FDP seit Monaten. Eine Lösung haben die Parteien noch nicht gefunden - und weil es noch jede Menge Klärungsbedarf gibt, trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag mit CSU-Chef Horst Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, um die Differenzen auszuräumen.

Kanzleramt, Foto: dpa

Im Kanzleramt trifft sich Kanzlerin Angela Merkel mit den Parteichefs von CSU und FDP - sie wollen eine Lösung für den Steuerstreit finden.

(Foto: Foto: dpa)

Unterschiedliche Meinungen gibt es aber auch noch in anderen Fragen, die bei dem Termin thematisiert werden. So soll es um das Veto Westerwelles gegen eine Berufung der Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, in den Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" gehen, ferner um Differenzen zu dem von der Türkei angestrebten EU-Beitritt.

"Alles muss finanzierbar sein"

Streitthema Nummer eins ist jedoch die ungelöste Steuer-Frage. Während die FDP auf Steuerentlastungen pocht und lediglich den Zeitrahmen zur Disposition stellt, lässt die Unions-Seite weiterhin vor allem Skepsis erkennen: So verwies Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zuletzt auf den Koalitionsvertrag, wonach alle Vorhaben der Regierung unter Finanzierungsvorbehalt stehen.

Vor dem Spitzentreffen forderte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mehr Geschlossenheit von der Koalition. "Man darf ruhig den Eindruck erwecken, dass man tatsächlich auch gemeinsam regieren will", sagte der CSU-Politiker dem Weser-Kurier. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) rief die Koalition zur Geschlossenheit in Steuer- und Haushaltsfragen auf. In einem Interview der Bild-Zeitung sagte er: "Es darf nicht mehr jeden Tag etwas herausgegackert werden. Sonst erleben wir ein Kommunikationsdesaster wie Rot-Grün bei der Einführung von Hartz IV."

Für Ärger sorgt besonders, dass die FDP weiter auf der angekündigten Steuersenkung von 24 Milliarden Euro pro Jahr beharrt. Unions-Politiker halten dies angesichts der sinkenden Staatseinnahmen zunehmend für realitätsfern. Finanzminister Schäuble sagte dem Focus: "Der Koalitionsvertrag enthält die goldenen Regeln. Das heißt: Alles muss finanzierbar sein." Auch kenne er niemanden in der Koalition, der die Schuldenbremse des Grundgesetzes ignorieren wolle. "Deshalb haben wir für die Frage weiterer Steuerentlastungen verabredet: Ob, wann und wieviel - das entscheiden wir Mitte 2010, wenn wir den Haushalt 2011 und den Finanzplan bis 2014 aufstellen."

"Absolutes Kernanliegen"

Den Worten von Bundestags-Vizepräsident Hermann Otto Solms zufolge wird sich die FDP einer Verschiebung der umstrittenen Steuersenkungen nicht verweigern. Der langjährige FDP-Finanzpolitiker sagte dem Berliner Tagesspiegel: "Wenn die Entlastung erst 2012 in Kraft tritt, entspräche das den ursprünglichen Forderungen der FDP."

Einem Bericht der Bild am Sonntag zufolge war Westerwelle am Dienstag zu einem Gespräch mit Merkel zusammengetroffen. Vor Vertrauten habe er anschließend gesagt, der Kanzlerin sei jetzt bewusst, dass die Koalitionsabsprachen zur Steuerpolitik "absolutes Kernanliegen" der FDP seien. Schäuble hat unterdessen nach Spiegel-Informationen seine Beamten angewiesen, bei der Berechnung des Staatsdefizits eine Steuerreform zunächst auszuklammern. In dem Zahlenwerk, das Schäuble im Februar an die EU-Kommission schicken muss, deute er an, die Reform zu verschieben oder abzuspecken.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) droht im Steuer-Streit unterdessen mit einem Nein ihrer Landesregierung im Bundesrat. Jeder wisse, dass die Länder in der Steuerdebatte mit am Tisch säßen, sagte Lieberknecht dem Handelsblatt: "Ohne Zustimmung der Länder wird es überhaupt keine Steuerreform geben."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: