Steuerstreit: Gespräch mit Merkel:Schwindender Widerstand

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Nach einem Krisentreffen mit der Kanzlerin erklärt die Regierung in Kiel die Zustimmung zum Steuerpaket für "wahrscheinlicher". Niedersachens Landeschef Wulff erwartet eine Einigung in letzter Minute.

Im Streit zwischen Bund und Ländern über das Steuerpaket der Regierung deutet sich eine Einigung an. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagte nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonntagabend in Berlin, der Bund habe in Aussicht gestellt, dass er den Ländern auf dem Weg der Konsolidierung ihrer Haushalte helfen wolle. Es gebe aber noch keine Entscheidung. Einzelheiten sollten bei weiteren Gesprächen im Lauf der Woche geklärt werden.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen nach dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle. (Foto: Foto: dpa)

Der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki, sagte: "Ich bin sicher, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen werden". Eine Zustimmung seines Landes zu dem Gesetz am Freitag im Bundesrat sei "heute eher wahrscheinlich als es noch gestern der Fall war".

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) rechnet allerdings erst mit einer Einigung in letzter Minute. "Ich erwarte eine Entscheidung über die Abstimmungen im Bundesrat erst Donnerstagnacht. Weder Angela Merkel noch Peter Harry Carstensen wollen eine Lösung nur für ein Land," sagte Wulff der Bild-Zeitung.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer plädierte für eine Überweisung des Steuerstreits zwischen Bund und Ländern in den Vermittlungsausschuss. Einige Länder könnten sich eine Zustimmung zu dem mit Steuerausfällen verbundenen Gesetz nicht zumuten, sagte der CDU-Regierungschef im Deutschlandradio Kultur.

Zwar wäre eine Ablehnung des Gesetzes am Freitag im Bundesrat "nicht unbedingt ein gutes Symbol" für den Start der schwarz-gelben Koalition im Bund. Aber für die Bundesländer wäre es eindeutig besser, wenn der Vermittlungsausschuss eingeschaltet werden würde. Dies sei "kein Beinbruch".

Länder im Blick

Schleswig-Holstein hat wegen der zu erwartenden Mindereinnahmen für seinen Haushalt mit einer Blockade des Steuerpakets in der Länderkammer gedroht. Der Bund hat es allerdings abgelehnt, einzelne Länder "herauszukaufen". Andere schwarz-gelbe Regierungen drohten für den Fall einer Kieler Sonderlösung ihrerseits mit einem Nein.

"Wir haben den Eindruck bekommen, dass der Bund unsere Sorgen ernst nimmt und sie auch versteht", sagte Carstensen nach dem Treffen im Kanzleramt. "Der Bund wird uns nicht alleine lassen." Dabei gehe es nicht um einen Sonderweg für Schleswig-Holstein.

Kubicki betonte, bei dem Treffen sei klar geworden, dass finanzschwache Länder Unterstützung bräuchten. Aus Regierungskreisen hieß es, es bleibe dabei, dass es keine Sonderregelung für das nördlichste Bundesland geben werde.

"Die Länder müssten insgesamt im Blick behalten werden. Allerdings würden ihnen für ihre Zustimmung keine konkreten Finanzzusagen gemacht. Stattdessen werde man ihnen bei nächster Gelegenheit entgegenkommen und Verschiebungen zu ihren Gunsten vornehmen, etwa bei den Mitteln für Bildung.

"Kleine Brötchen gebacken"

Die Vertreter Schleswig-Holsteins hätten bei den Beratungen am Sonntag "eher kleine Brötchen gebacken" und seien sich ihrer Verantwortung für das Zustandekommen des Gesetzes und der Begrenztheit ihrer Möglichkeiten bewusst, hieß es aus den Kreisen weiter.

Schleswig-Holstein hatte dem Bund eine Liste mit Vorschlägen vorgelegt, um die Belastungen insbesondere für die Kommunen zu verringern. Hierzu zählt ein höherer Anteil der Länder an der Mehrwertsteuer. Diesem Vorschlag erteilte am Wochenende Unions-Fraktionschef Volker Kauder eine Absage. Auch die stärkere Finanzierung der Unterkunftskosten von Hartz-IV-Empfängern durch den Bund sei kein Thema, das mit dem Steuerpaket in Verbindung gebracht werden könne, sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung. Den Ländern solle stattdessen in Aussicht gestellt werden, "dass wir in den nächsten Jahren bereit sind, ihnen bei den Bildungsausgaben gewaltig zu helfen". Für Mittwoch hat Merkel die Länder zu einem Bildungsgipfel nach Berlin geladen.

Das erste große Gesetz der neuen Regierung von Union und FDP sieht Entlastungen für Familien, Unternehmen, Erben und Hotels im Umfang von 8,5 Milliarden Euro vor. Davon tragen die Länder 2,3 Milliarden Euro und die Kommunen 1,6 Milliarden. Allein Schleswig-Holstein geht von Steuerausfällen im Umfang von 70 Millionen Euro für das Land und 60 Millionen Euro für die Kommunen aus. Die Koalition ist im Bundesrat auf die Zustimmung aller sieben schwarz-gelben Landesregierungen angewiesen.

Der Deutsche Städtetag forderte die Ministerpräsidenten auf, Einspruch gegen das Gesetz einzulegen. Die Steuerausfälle für die Kommunen seien schon schlimm genug, warnte Präsidentin Petra Roth in der Leipziger Volkszeitung.

Im Video: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen und FDP-Landesfraktionschef Kubicki haben sich nach dem Spitzentreffen zum Steuerpaket zuversichtlich gezeigt.

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