Steuersenkungen:Carstensen lässt die Kanzlerin zappeln

Bis zuletzt hält der CDU-Ministerpräsident offen, ob er das Steuerpaket im Bundesrat billigen wird - dabei gilt es als sicher, dass er einknicken wird.

N. Fried und R. Wiegand

Das erste wichtige Vorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung wird an diesem Freitag aller Voraussicht nach die letzte parlamentarische Hürde nehmen. Obwohl bis zum Donnerstagabend noch nicht alle von Union und FDP regierten Bundesländer ihre Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz signalisiert hatten, rechnete man in Berlin mit der notwendigen Mehrheit für das Paket.

Carstensen; Merkel; Reuters

Kiss me, Carstensen: CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen herzt Bundeskanzlerin Angela Merkel - im Steuerstreit lässt er sie trotzdem zappeln.

(Foto: Foto: Reuters)

Es enthält Entlastungen für Familien, Unternehmen und Erben. Besonders umstritten ist eine Senkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen in Hotels. Die Länder, in denen CDU oder CSU mit der FDP regieren, verfügen im Bundesrat über 37 Stimmen, die Mehrheit liegt bei 35.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), der wiederholt eine finanzielle Kompensation für Steuerausfälle in seinem Landeshaushalt gefordert hatte, hielt sich sein Abstimmungsverhalten zwar weiter offen: "Ich entscheide das morgen früh."

Harte Verhandlungen

Vor einer abschließenden Runde der Unions-Ministerpräsidenten am Donnerstagabend galt in Koalitionskreisen jedoch als sicher, dass Carstensen dem Druck letztlich nachgeben werde. "Der kann sich gar nicht erlauben, das ganze Ding knallen zu lassen", hieß es. "Carstensen stünde sonst als Blockierer der Kanzlerin und ihrer Regierung da."

Das Kabinett in Kiel hatte am Dienstag beschlossen, Carstensen und dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Heiner Garg (FDP) bei der Abstimmung im Bundesrat freie Hand zu lassen. Zwischen den Kieler Koalitionspartnern herrscht jedoch offenbar Uneinigkeit, inwieweit angebliche finanzielle Zusagen des Bundes ausreichen, um das Gesetz zu unterstützen.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte, "eine Zustimmung zu dem Gesetz der Bundesregierung ist aus meiner Sicht in den vergangenen Tagen deutlich wahrscheinlicher geworden".

Die Kompensationsleistungen des Bundes lägen auf dem Tisch, Schleswig-Holstein habe in Berlin hart verhandelt und "wird wieder ernst genommen". Dagegen sieht die CDU in Kiel noch Nachbesserungsbedarf. Nach Berechnungen der Landesregierung müssten Schleswig-Holstein durch das Steuersenkungsgesetz jährliche Mindereinnahmen von 70 Millionen, die Kommunen von weiteren 60 Millionen Euro verkraften.

Merkels Entgegenkommen

Als Entgegenkommen wurden in Kiel insbesondere Zusagen von Kanzlerin Angela Merkel vom Mittwoch gewertet, den Anteil an den Bildungsausgaben zu erhöhen. Die Zusage des Bundes, 40 statt zehn Prozent der Finanzierungslücke von mindestens 13 Milliarden Euro zu übernehmen, entlaste Schleswig-Holstein "enorm", sagte Carstensen.

In Berlin wurde hingegen darauf verwiesen, dass die Zusagen Merkels im Rahmen des Bildungsgipfels in keinem direkten Zusammenhang mit dem Werben um die Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz stünden.

Während der Landtag in Kiel am Donnerstag noch über die Folgen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes debattierte, machte sich Carstensen schon auf den Weg nach Berlin. "Daran kann man schon sehen, wie wichtig uns die Gespräche dort noch sind", sagte Christian von Boetticher, Fraktionschef der CDU im Kieler Parlament, der Süddeutschen Zeitung. Es bestehe auf jeden Fall noch Gesprächsbedarf; die Entscheidung falle erst Freitagmorgen.

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