Steuerpläne:Union, FDP und Schröders Fehler

Nach der Kritik an den Steuersenkungsplänen von Schwarz-Gelb: Was die Koalition aus den Fehlern der Regierung Schröder lernen muss.

Marc Beise

Täglich prasselt die Kritik auf Union und FDP nieder, dass sie mit ihren Steuersenkungsversprechen die Zukunft Deutschlands verspielten. Zuletzt hat sich der Sachverständigenrat in die Kette der heftigen Kritiker eingereiht. Selten haben die fünf Professoren, die laut Gesetz die Regierungspolitik begutachten sollen, für ihre Mahnungen so viel Zustimmung erhalten wie in diesem Jahr - und das auch von ungewohnter Seite.

Schröder; ddp

Seine Reformen sind nach wie vor umstritten: Ex-Kanzler Gerhard Schröder

(Foto: Foto: ddp)

Weil der Sachverständigenrat in seiner Mehrheit als strikt ordnungspolitisch gilt nach dem Motto "im Zweifel für den Markt", werden seine Thesen üblicherweise eher von rechts beklatscht und von links als "neoliberal" abgetan. Dieses Mal aber können sich die fünf Weisen vor Beifall kaum retten, wenn sie die Regierungspolitik und insbesondere die Steuerpläne als unverantwortlich geißeln.

Es ist schon kurios: Während sonst Parteien für den Bruch ihrer Wahlversprechen geprügelt werden, wird die Koalition dafür verurteilt, dass sie ihre Wahlversprechen einhalten will. Die Steuerreformer sollten sich darob nicht irre machen lassen, denn aller Kritik zum Trotz haben sie recht: Gerade in der Krise müssen Bürger und Firmen entlastet, nicht belastet werden.

Gezielte Motivation der Mittelschicht

Die gewaltige Verschuldung von bald zwei Billionen Euro ist dabei kein Hindernis, im Gegenteil: Sie kann ernsthaft nur über mehr Wachstum abgebaut werden. Eben dazu gilt es, gezielt jenen Teil der Bevölkerung zu motivieren, der vor allem für Wohlstand und Jobs sorgen kann: die Mittelschicht.

Die Regierungskritiker wollen das partout nicht einsehen. Für sie ist für die "Einlösung von Wahlgeschenken" einfach kein Geld da, Punkt. Schlimmer noch, es werden sogar Steuererhöhungen gefordert oder für unausweichlich erklärt, damit der Staat seine in der Krise wachsenden Auf- und Ausgaben erfüllen kann - als ob der Zugriff nicht heute bereits jedes Maß sprengen würde.

Allerdings muss man auch sagen: Was der Mittelschicht zugute kommen soll, muss zu einem größeren Teil anderswo eingespart werden, dort, wo es der Gesamtwirtschaft vergleichsweise weniger schadet.

Leider wird die Debatte darüber nicht geführt, auch und gerade nicht von der Regierung Merkel. Sie macht damit den gleichen Fehler wie seinerzeit der Agenda-2010-Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Der bürdete den Bürgern Lasten auf, ohne ihnen aber zugleich eine ausreichende Perspektive anzubieten. Mit Hartz IV setzte der Gesetzgeber Arbeitslose unter Druck, aber er sorgte nicht dafür, dass ausreichend Jobs zur Verfügung standen; dazu hätte man auch das Arbeitsrecht liberalisieren müssen, was politisch nicht opportun war.

Auch heute bräuchte das Land eine Doppelstrategie: einerseits Ausgaben kürzen, andererseits mehr Geld dorthin geben, wo Wachstum entstehen kann. Noch hat die Koalition die Chance, nachzuweisen, dass sie die Steuersenkungen auch finanzieren kann.

Sie muss freilich bald beginnen, sonst bekommen die Sachverständigen am Ende doch noch recht.

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