Nach zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen hat Stephan Weil seinen Rückzug erklärt und den bisherigen Wirtschaftsminister Olaf Lies als Nachfolger vorgeschlagen. Der 66-jährige SPD-Politiker begründete den Schritt mit seinem Alter. Die Herausforderungen des Amtes nähmen weiter zu, er selbst leide unter Schlafstörungen. „Ich habe den Eindruck, es ist Zeit kürzerzutreten“, sagte Weil.
Er habe den SPD-Gremien am Dienstag Lies als Nachfolger vorgeschlagen, sagte Weil. Mitte Mai soll die SPD Niedersachsen auf einem Sonderparteitag Lies zum neuen Landesvorsitzenden wählen. Am 20. Mai soll der 57-Jährige dann im Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden.
Weils Rückzug ist eine Zäsur: Er ist seit 2012 SPD-Landeschef und seit 2013 Ministerpräsident. Damit ist er der drittdienstälteste Regierungschef hinter Reiner Haseloff (CDU/Sachsen-Anhalt) und Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg). Zuvor war der 66-Jährige von 2006 bis 2013 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover.
Spekulationen, Weil könnte das Amt als Regierungschef vorzeitig übergeben, um seinem Nachfolger vor der nächsten Landtagswahl einen Amtsbonus zu verschaffen, gab es seit Jahren. Weil wies die Gerüchte aber lange zurück. Sollte seine Gesundheit es zulassen, wolle er bis 2027 im Amt bleiben, sagte er. Die CDU warf ihm deshalb vor einigen Tagen schon vorsorglich einen Wortbruch vor, sollte er sich trotzdem zurückziehen.
Der Landesverband Niedersachsen ist zusammen mit Nordrhein-Westfalen traditionell einer der mächtigsten in der SPD und prägt die Richtung der Partei maßgeblich mit. Mit Parteichef Lars Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Generalsekretär Matthias Miersch sind gleich vier Spitzen-Sozialdemokraten hier groß geworden. Auch bei Wahlen ist Niedersachsen für die SPD eine Bank: Sie schneidet dort regelmäßig besser ab als bundesweit. Bei der Landtagswahl 2022 fuhr sie mehr als 33 Prozent ein. Weil agierte häufig als Brückenbauer zwischen der Landes- und der Bundespolitik, auch wenn er keine Führungsrolle in der Bundes-SPD hat.
Als wahrscheinlichster Nachfolger im Szenario einer Amtsübergabe innerhalb der Landesregierung galt seit Langem Wirtschaftsminister Lies. Der 57-Jährige war bereits von 2010 bis 2012 Landeschef der SPD und hatte schon damals das Ziel, in die Staatskanzlei einzuziehen. Vor der Wahl 2013 musste er sich in einem Mitgliederentscheid über die SPD-Spitzenkandidatur aber knapp Weil geschlagen geben. Zwölf Jahre als Minister später soll er nun doch noch Regierungschef werden.
